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Fakten zur Aufführung 

DAVIDE PENITENTE
(Wolfgang Amadeus Mozart)
22. Januar 2015
(Premiere)

Mozartwoche Salzburg


Points of Honor                      

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Auf dem Rücken der Pferde

Pferdegeruch erfüllt die ehrwürdige Felsenreitschule, Schauplatz vieler großartiger Aufführungen, die das spezielle Ambiente des Raumes nutzen. An diesem Abend kehren die namensgebenden Pferde, die edlen Tiere, der Stolz des Adels und der Reichen zurück. Über Jahrhunderte war das Schicksal des Pferdes mit der Geschichte und Kunstgeschichte des Menschen eng verbunden. Im Halbdunkel werden sie im Schritt auf der extra verstärkten Bühne geführt, während das Premierenpublikum gespannt auf das besondere Spektakel Platz nimmt.

Auf den säulengesäumten Arkaden hinter der Bühne haben das Orchester, der Chor und die Gesangssolisten Platz genommen. 60 Musiker und 60 Sänger sind wie eine Perlenkette aufgereiht. Eine besondere Aufgabe für Marc Minkowski, dem Dirigenten und musikalischen Leiter der Mozartwoche, hier klangliche Einheit und Abstimmung zu schaffen. Die Stars des Abends sind die Vierbeiner. Majestätisch schreiten neun graue, kurzgeschorene Criollos aus Argentinien mit gestutztem Schweif und drei weiße, kraftstrotzende, nervöse Lusitaner. Sie alle gehören der Academie Equestre de Versailles, einer traditionsbehafteten, französischen Reitschule. Sie tragen klingende Namen, an Maler oder Wesenseigenschaften erinnernd. Chagall, Caravage, le Curieux, der Neugierige oder le Dormeur, der Schläfer.

Szenisch beginnt es mit einem lockernden Schritt und flüssiger Galopparbeit, passend zu Mozarts Adagio und Fuge c moll. Heller wird‘s im Saale zum Priestermarsch aus der Zauberflöte, und Bartabas, der Pferdechoreograf und Leiter der Akademie, tritt persönlich effektvoll in Mönchskutte, die Haube tief ins Gesicht gezogen, auf seinem Pferd thronend, auf. Der versammelte Schritt mit weit ausholenden Vorderhufen sowie die Piaven gelingen nicht immer rund. Exaktheit weicht großer darstellerischer Expressivität. Es wird ersichtlich, dass künstlerische Präzision an diesem Abend der Wirkung, dem Spektakel sowie dem gestalterischen Gesamteindruck aus Gebäude, Mitwirkenden, Lichteffekten und der Kombination Mensch und Tier Platz macht. So stimmen die neun Reiterinnen auch wohlklingend Chorszenen an oder galoppieren wild amazonenhaft mit wehenden Haaren und gymnastischen Bewegungen, der Chor wird in seinen Pausen ins Dunkel geschickt, und die Solisten tauschen ihre Plätze, um besser im Spot zu stehen.

Marianne Crebassa zeigt wiederum die Ausdruckskraft ihres Mezzosoprans, dramatisch dunkel angefärbt , in ihrer Arie Lungi le cure ingrate. Sicher und lyrisch ist der Auftritt des jungen Franzosen Stanislas de Barbeyrac. Chrisitiane Karg rundet das Solistentrio klangvoll ab.

Aber der Abend steht vor allem im Zeichen des genialen Mozart. Seine vom Barock beeinflussten Werke sollten in der Choreografie der Pferde interpretiert werden. Zentrales Werk ist seine Schöpfung Davide Penitente, zu seinen Lebzeiten ein echter Hit, heute von seinem Ursprung, der c-moll-Messe verdrängt. Wolfgang Amadeus Mozart schuf das Auftragswerk in wenigen Tagen, in dem er die Fragmente dieser Messe, mit einem neuen Text unterlegt, musikalisch wiederverwendete und mit früher komponierten Arien ergänzte. An diesem Abend wird noch das Andante aus der frühen C-Dur-Symphonie KV 96 hinzugefügt. Dieser Teil zeigte sich als choreografischer und reiterlicher Höhepunkt des Abends, in dem Harmonie der Bewegung und Gestaltung im Gleichklang mit der Musik in Rhythmus und Melodie zu erleben sind.

Minkowski herrscht über das Geschehen auf einem Podest seitlich am Beginn des Zuschauerraums, gut sichtbar für alle Beteiligten. Das ist notwendig, um die akustischen Defizite und optischen Einschränkungen für das Zusammenspiel der Musiker und Sänger auszugleichen.

Das Premierenpublikum ist von diesem neuartigen, seltenen Mix im klassischen Programmrepertoire beeindruckt und spendet heftig begeisterten Beifall. Auffallend viele junge, reitbegeisterte Zuschauer ergänzen das klassische Festspielpublikum und zeigen, dass durch die intensive Berichterstattung im Vorfeld auch neue Besucherkreise angeworben werden konnten. Schnaubende, an den Kandaren kauende Vierbeiner bedanken sich.

Helmut Pitsch







Fotos: Matthias Baus