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Fakten zur Aufführung 

AIDA
(Giuseppe Verdi)
27. Februar 2015
(Konzertante Aufführung)

Accademia Nazionale di Santa Cecilia, Auditorio


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Konzertantes Großereignis

Großer Aufmarsch der römischen Gesellschaft zu diesem kulturellen Großereignis: Giuseppe Verdis Aida, selbst ein monumentales Spektakel und Italiens musikalischer Exportschlager, wird in konzertanter Form, aber mit erlesener Besetzung geboten. Das zieht die italienische Prominenz aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik an. Es dauert, bis alle geladenen Gäste in ihren eleganten Roben ihren Weg zum Platz finden, Begrüßungsrituale inklusive. Ein Großaufgebot von Sicherheitskräften mustert aufmerksam die Besucher. Das Auditorium, Roms moderner Konzertsaal, vom Stararchitekt Renzo Piano entworfen, ist seit Wochen ausverkauft. Es ist auch die Heimat der Accademia Nazionale di Santa Cecilia, Roms traditionsreiches und international ausgezeichnetes Philharmonisches Orchester.

Künstlerischer Leiter und aktueller Hausherr ist der von der englischen Königin unlängst geadelte Sir Antonio Pappano, der nun mit forschen Schritt an das Dirigentenpult herantritt. Ohne lange Umschweife hebt er seinen Taktstock, und das Orchester beginnt mit dem Spiel. Die Wellen seiner Energie übertragen sich auf das mit großer Besetzung versammelte Orchester. Man spürt die Vertrautheit und seelische Einheit der Musiker mit Ihrem Dirigenten als auch mit dem Komponisten Verdi. Sein Nationalstolz, seine Darstellung des italienischen Unabhängigkeitskampfes findet sich in seinen Werken wieder. Diesen Stolz, diese Gefühle bringt das Orchester zum Ausdruck. Herrschaftlich selbstbewusst, aber respektvoll entfaltet sich ein subtiler, gehaltvoller Klang, der auch die vermeintliche ägyptische Exotik in der Partitur zum Leben erweckt. Leid der Unterdrückung, die Hitze, Not und Liebe, alles beginnt unter dem Stab Pappanos zu leben. Selten wird gerade diese Oper konzertant gegeben, zu viel Reiz steckt in den gewohnt überbordenden Regiemöglichkeiten, die die Geschichte dieses Werkes bietet.

Umso reizvoller ist, die musikalische Qualität und Opulenz dieses Werkes in erstklassiger Besetzung ohne Ablenkung auf der Bühne zu erleben. Anja Harteros präsentiert sich in einer weiteren weiblichen Hauptrolle einer Verdi-Oper. Ihr Sopran meistert eindrucksvoll alle Register, aber im Klang bleibt ihre Stimme trocken, schmal und ohne Gefühl. Ihr Konflikt zwischen Vater- und Vaterlandsliebe versus persönlicher Hingabe an Radames springt nicht auf den Zuhörer über. Jonas Kaufmann transportiert seine Verzweiflung in gewohnt berührender Weise. Anfangs stimmlich vorsichtig tastend in der Höhe, gewinnt er an Präsenz und Volumen. Er besticht mit seinen breiten Legati und Crescendi. Makellos Erwin Schrott als Ramfis. Seine Stimme hat an dunkler Färbung und Tiefe gewonnen. Ehrenhaft und hoheitsvoll mit prächtigem Bass Marco Spotti als Re. Ekaterina Semenchuk als seine Tochter Amneris bleibt ohne Leidenschaft, aber hochdramatisch. Ihre Stimme meistert die gestellten Ansprüche in technischer Perfektion so wie ihr Gleichgewichtssinn die atemberaubend hohen Absätze. Ludovic Tezier gehört mittlerweile zu den international renommierten Baritonen bei Verdi. Sein Amonasro entfaltet väterliche Romantik, seine Stimme bleibt ruhig, sonor mit gehaltvollem Timbre.

Über alle Solisten ragt räumlich als auch in der Leistung der Chor der Accademia Nazionlae di Santa Cecilia, der perfekt von Maestro Ciro Visco einstudiert und vorbereitet wurde. Auch dieser umfasst eine große Besetzung, aber es ergeben sich feine Pianissimi und ein harmonisch einheitliches Zusammenspiel, sicher im Einsatz. Zum aufwändigen und allseits beliebten Gran Finale des zweiten Aktes, dem Triumphmarsch, hat Sir Pappano die Banda Musicale della Polizia di Stato zur Verstärkung eingeladen. Kraftvoll und sicher spielen die zahlreichen Bläser in ihren schicken Uniformen auf und lassen das Publikum vor Ehrfurcht erstarren.

Dieses entlädt am Ende mit typischer italienischer Liebe zum Schauspiel seine Begeisterung mit viel Gestik und Bravo-Rufen. Aber so manch leises Ungemach mit den Solisten war zu erkennen.

Helmut Pitsch







Fotos:
Accademia Nazionale di Santa Cecilia