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Fakten zur Aufführung 

ADRIANA
(Marc-Aurel Floros)
8. August 2015
(Premiere am 31. Juli 2015)

Kammeroper Schloss Rheinsberg


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Varianten der Liebe

Vor 25 Jahren gründete der Komponist Siegfried Matthus in dem beschaulichen märkischen Städtchen Rheinsberg die Kammeroper Schloss Rheinsberg. Im Jubiläumsjahr hat er nun die Leitung des Open-Air-Festivals, das sich die Förderung junger Sänger als Ziel gesetzt und manche Karriere dabei angeschoben hat, an seinen regieführenden Sohn Frank Matthus abgegeben. An der bisherigen Linie der Festspiele soll sich nichts ändern, doch sind neue Akzente in der Spielplangestaltung zu erkennen. Zukünftig wird es auch rechte Opernschwergewichte geben: La Traviata, Tosca und Carmen sind für die laufende und die nächsten zwei Saisons angesetzt. Eröffnet aber wird im diesem Sommer mit einer publicityträchtigen Uraufführung. Es ist die Oper Adriana von Marc-Aurel Floros mit dem Libretto von Elke Heidenreich – der bisherige Gipfel in der Zusammenarbeit der beiden Künstler, die an der Kölner Kinderoper ihren Anfang nahm.

Oper, das sind für Elke Heidenreich, eine erklärte Liebhaberin dieser Gattung, die großen Gefühle, Leidenschaft und Tod. Die populäre Literaturkritikerin, Fernsehmoderatorin und Schriftstellerin in Personalunion möchte sie vielen nahe bringen und plädiert deshalb bei neuen Werken für mehr Publikumsbezogenheit und zeitgemäße Herzensgeschichten. Und so geht es in Adriana natürlich um die Liebe und drei mögliche Varianten: Eine junge Frau steht emotional zwischen zwei Brüdern und scheitert daran. Ihre Eltern dagegen kommen nach jahrelanger Trennung wieder zusammen, während sich Freundin Fanny in ihrer Ehe arrangiert hat. Ein aktuelles Stück über die Schwierigkeiten mit der Liebe? Dieser Anspruch erfüllt sich nicht ganz, weil die Librettistin mehr will. Statt sich darauf zu beschränken, mit der ihr eigenen Schlagfertigkeit zu schreiben, spickt sie ihren Text mit vielen Zitaten bedeutender Schriftsteller und verleiht damit auch ihrer Liebe zur Literatur Ausdruck. Herausgekommen ist ein ambitioniertes, aber auch konstruiert wirkendes Bühnenwerk, das nicht wirklich berührt. Was dagegen berührt, ist die Musik von Marc-Aurel Floros. Der Komponist bekennt sich in seiner ersten großen Oper zur Tradition und damit zur süffigen Melodie und üppig romantisierenden Orchestersinnlichkeit, die nur gelegentlich durch impulsive Schlagzeugpassagen durchbrochen wird.   

Die vier Aufführungen von Adriana werden im Schlosshof gespielt. Eine lange Tafel, an der beidseits das Publikum sitzt, bildet die Spielstätte für Bernd Mottls Inszenierung. Auf ihr tummelt sich eine Schicki-Micki-Gesellschaft, die Friedrich Eggert mit auffälligem Kleiderchic und pompösen Hüten ausstaffiert hat. Der Regisseur versucht aus dem Beziehungsgeflecht alle erdenklichen szenischen Funken zu schlagen und ihm pralles Leben einzuhauchen. Streng choreografierte Auftritte des Ensembles wechseln ab mit intimen, kammerspielartigen Szenen, doch bieten die Personen zu wenig Identifikationsmöglichkeiten und bleiben dadurch insgesamt blutleer.

Julia Bachmann kann mit einem sicher geführten Sopran und durchschlagskräftiger Höhe punkten, besitzt aber für die zentrale Rolle ein noch begrenztes Ausdrucksspektrum. Stärkere Kontur gewinnt Luke Sinclair dem Hippielover Julian ab und lässt zudem viel tenorales Potenzial hören, während Philipp Mayer als brüderlicher Gegenpol, der sich der Karriere verschrieben hat, zwar ständig in Aktion ist, stimmlich aber verhalten bleibt. Auf sehr gutem Niveau präsentieren sich Marta Hermann mit warmem Mezzosopran und die in höchsten Noten mühelos brillierende Sophia Theodorides.

Am Pult der Kammerakademie Potsdam sorgt Judith Kubitz mit elegantem Dirigierstil, Gestaltungswillen und sichtlicher Begeisterung für Floros‘ Musik für eine kongeniale Umsetzung der Partitur.

Großer Applaus des Publikums im nicht ganz ausverkauften Schlosshof. Ab nächster Woche geht es mit Verdis Traviata im Heckentheater in die zweite Runde.

Karin Coper

Fotos: Jacqueline Schulz