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Fakten zur Aufführung 

HALKA
(Stanislaw Moniuszko)
26. Juni 2015
(Premiere am 26. Juni 2015)

Teatr Wielki Poznań

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Eine Nationalheldin geht auf die Reise

Halka, 1858 von Stanislaw Moniuszko komponiert, gilt als die Nationaloper Polens. Sie erzählt von der Liebe des Bauernmädchens Halka zu dem Edelmann Janusz, der sie wegen einer Gutsherrentochter verlässt. Halka schwört Rache gegenüber dem Brautpaar, erkennt aber, dass sie dazu nicht fähig ist und stürzt sich von einem Felsen. Die Unterdrückung des einfachen Volks durch den Adel ist das eigentliche Thema des Werkes.

Bei der Neuinszenierung dieser populären Oper im Teatr Wielki in Poznań bleibt Intendantin Renata Borowska ihrem Ansatz treu, Regiearbeiten bekannten Künstlern mit wenig Opernerfahrung anzuvertrauen. Paweł Passini ist solch ein Künstler, der sich bisher mit Theater- und Performanceproduktionen einen Namen gemacht hat. Zu den Besonderheiten dieser Halka gehört ihre Entstehungsgeschichte. Zunächst erarbeitete Passini Teile der Oper in einem Dorf auf Haiti. Der ungewöhnliche Ort ist historisch bedingt: dorthin wurden polnische Soldaten zur Zeit Napoleons gesendet, um die Franzosen beim Kampf gegen die Einheimischen zu unterstützen. Einige aber solidarisierten sich mit den Haitianern und blieben. Das Experiment, Halka jenen Nachkommen zu präsentieren und den nationalen Klassiker in einen Lebenskreis zu transformieren, der kaum Bezug zu solcher Kunstgattung hat, war eine dem Vernehmen nach beglückende Erfahrung und wurde als filmische Dokumentation auf der Kunstbiennale in Venedig präsentiert. Den Schlusspunkt des Projekts setzt die komplette szenische Aufführung in Poznań. Von Folklore, Konvention oder pittoresker Ausstattung ist sie weit entfernt. Das Bühnenbild von Zuzanna Srebrna zeigt eine stark stilisierte, düstere Bergwelt. Die feudale Gesellschaft, Männer wie Frauen einheitlich in Fräcke gekleidet, verteilt sich im ersten Akt im Parkett und Rang. Später formiert sie sich auf der Bühne und bildet einen starken Kontrast zu den Bauern, die wie aus einer anderen Zeit gefallen scheinen: es sind Urmenschen mit Fellen und archaischen Kopfbedeckungen mit tierischen Versatzstücken. Nur Halka trägt eine weiße Robe, eine Lichtgestalt, die zwischen beiden Welten steht und daran scheitert. Die Gegensätze der beiden Bevölkerungsschichten und wie sie aufeinander prallen, zeigt Passinis Inszenierung auf sehr eindrucksvolle und plausible Weise. Was ihr hingegen fehlt, ist eine charakterisierende Zeichnung der Figuren, deren Individualität in der Massenchoreografie untergeht. 

Musikalisch ist der Abend eine Wucht. Dafür sorgt allen voran Dirigent Gabriel Chmura, der sich voller Leidenschaft Moniuszkos dramatischer Melodik annimmt. Es wird mit Saft und Kraft musiziert, die Tempi haben Drive, die Ensembles bersten vor Spannung. Dazu entfaltet der von Mariusz Otto einstudierte Chor imponierende Klangfülle und -homogenität, die selbst zu Beginn, wenn die Gruppen alle weit auseinanderstehen, nicht verloren gehen.

Magdalena Molendowska singt die Titelpartie mit vollem, expressivem Sopran und schmerzlicher Hingabe. Paweł Skałuba als treuer Freund Jontek steht ihr mit stahlkräftigem, inbrünstigem Tenor zur Seite. Die vokale Souveränität von Bartlomiej Misiuda als betrügerischem Verführer Janusz und Magdalena Wilczyńska-Goś als standesgemäßer Braut spricht ebenso für das hohe solistische Niveau in Poznań wie der tiefschwarze Bass von Rafał Korpik als Vater.

Lang anhaltender Riesenapplaus bei der Premiere. Die nächste Saison bietet ein zwar reduziertes Premierenangebot, dafür aber wieder Hochkarätiges. Alvis Hermanis inszeniert Jenufa, Paul Esswool reist für Dido und Äneas an und der russische Allroundtheatermann Iwan Wyrypajew ist für Boris Godunow engagiert.

Karin Coper

 



Fotos: Katarzyna Zalewska