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Fakten zur Aufführung 

LA CAGE AUX FOLLES
(Harvey Fierstein/Jerry Hermann)
14. November 2014
(Premiere am 7. November 2014)

Hans-Otto-Theater, Potsdam


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Wir sind, was wir sind

Das Potsdamer Hans-Otto-Theater bringt jedes Jahr eine Musicalproduktion heraus. Sie galt letzte Saison mutig der schrillen Filmvertonung Frauen am Rande des Zusammenbruchs, einem weitgehend unbekannten Stück. In dieser Spielzeit geht man wieder auf Nummer sicher und spielt mit der Travestiekomödie La Cage aux Folles, die auf den Kassenfüller Ein Käfig voller Narren zurückgeht, einen Broadwayhit – zur selben Zeit übrigens wie im nahen Berlin, wo die Bar jeder Vernunft ihre überaus gelungene Inszenierung des Stücks wieder aufnimmt. Doch Konkurrenz belebt das Geschäft. Auch wenn es das Hans-Otto-Theater naturgemäß nicht mit dem intimen Charme der Kleinkunstbühne aufnehmen kann, verbreitet Matthias Winklers Ausstattung mit Glitzervorhängen und frivolem Interieur gleichfalls eine adäquate Nachtclubatmosphäre. Die unterstreichen auch die Kostüme von Noelie Verdier, die für die Showgruppe Les Cagelles schrille Fummel und für den Star Zaza hoch ästhetische Roben entworfen hat.

In La Cage aux Folles geht es um die Beziehung zwischen dem Nachtclubbesitzer Georges und dem Travestiestar Zaza, die in eine Krise gerät, weil letzterer sich verleugnen lassen soll. Der Grund: Georges´ Sohn, der von Zaza aufgezogen wurde, will seiner Braut und deren Eltern seine leibliche Mutter, zu der er kaum Kontakt hatte, vorstellen, um ihnen eine „normale“ Familie vorzutäuschen. Das geht zwar schief, doch dafür kommt es am Ende zu einem Bekenntnis zum Schwul- und Anderssein. Die Inszenierung von Ulrich Wiggers pendelt zwischen Revue und Boulevardkomödie, sie setzt auf Tempo, Trubel und manchmal auch auf Klamauk. Ruhige Szenen sind rar, dafür aber umso eindrücklicher, wenn sich etwa Zaza und Georges an den Beginn ihrer Partnerschaft erinnern. Das schönste Bild sieht man ganz am Schluss: da schreitet das Paar Hand in Hand in den weiß beleuchteten Horizont, der von einem Regenbogen überwölbt wird – ein berührender Anblick und zugleich ein inniges Plädoyer für die homosexuelle Liebe.

Bernd Geiling beherrscht als Zaza vom ersten Moment an die Bühne. Seine Verwandlung in eine äußerst attraktive, elegante Frau, deren Bewegungen völlig natürlich sind, ist verblüffend und wirkt nie tuntenhaft oder übertrieben. Dazu erweist er sich als lässiger Entertainer, der, wenn er die Bühne verlässt, das Publikum im Parkett mit seiner Schlagfertigkeit um den Finger wickelt. Neben dem selbstbewusst vorgetragenen Evergreen I am what I am gerät der mit aktuellen Anspielungen intelligent aufbereitete Monolog zu einem Höhepunkt des Abends. Raphael Rubino als Partner Georges hat es neben ihm schwer, sich zu behaupten, zumal er für die Rolle zu jung anmutet und stimmlich nicht ganz treffsicher ist. Als Energiebündel der Extraklasse mit vergleichbar famosen Sing- und Tanzqualitäten überrumpelt Anthony Kirby sowohl als Zofe als auch als Butler Jacob. Mit Denia Nironen und dem sängerisch sehr starken Dennis Herrmann ist das Liebespaar jugendlich frisch und anziehend besetzt. Michael Schrodt ist ein verkniffener Brautvater, Ilka Sehnert spielt mit komischem Understatement dessen mausgraue, verklemmte Ehefrau. Die Cagelles in Gestalt von Andres Esteban, Lars Schmidt, Dustin Peters und Daniel Meßmann zeigen in den von Friedrich Bührer choreografierten Tanzeinlagen beachtliche Tanz- und im Falle Estebans ebensolche Koloraturkünste. Die von Ferdinand von Seebach vom Klavier aus geleitete fünfköpfige Band hört man nur aus dem Off, was einem elektrisierenden Sound keinen Abbruch tut.

Jubelnder Applaus und standing ovations am Ende der ausverkauften Vorstellung.

Karin Coper

Fotos: Hans Ludwig Boehme