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Fakten zur Aufführung 

SO VIEL ZEIT
(Stefanie Carp)
31. Oktober 2014
(Uraufführung am 27. September 2014)

Theater Oberhausen, Malersaal


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Immer am falschen Ort

Hinweise auf die Verwendung von Stroboskopen am Eingang, Warnungen vor starker Geräuschentwicklung, Ohrenstöpsel für die Besucher, die kantig-weiße Leuchtschrift „Wake up!“ über der Bühne: Damit ja keiner einschläft? – Die Gefahr ist denkbar gering. Wenn nach knapp drei Stunden die Besucher das Theater verlassen, brauchen viele von ihnen Minuten, ehe sich die Ohren wieder an einen „normalen“ Geräuschpegel gewöhnt haben. Ach so: Hardrock! Das hat jetzt jeder gehört – auch verstanden? Bier, Karten- und Sprücheklopfen, Erinnerungen an Dora und Gisela, die schärfsten Weiber der Klasse, Beziehungsstress und -frust rauf und runter, Midlife Crisis – die nicht mehr ganz so neuen Zutaten für Stücke mit Lokalkolorit, wie man sie schon besser von Frank Goosen kennt. Stefanie Carp hat dazu eine Bühnenfassung erstellt, die Peter Carp im Oberhausener Theater im September zur Uraufführung bringt.

Zwischen dem Gymnasiallehrer, dem Arzt , dem Steuerberater und als Vertreter der schreibenden Zunft Thomas, von allen verkannter Schriftsteller, ziehen sich die kleinen Alltagsprobleme durch das Spiel und in die Länge, das mit fast drei Stunden um einiges zu lang geraten ist. Sie sagen es ja selbst. „Wir verschlafen unser Leben. Jedenfalls den traurigen Rest davon.“ Da bringen auch die Eskapaden der quietschvergnügten, pubertierenden Zwillingstöchter von Bulle nur vorübergehende Abwechslung. So lange tragen die Sprüche und Witze nicht, die Carp und Goosen immer wieder in das etwas müde Geschehen einstreuen. Warum es mit einem Mal so stank? „Die Deos haben alle zur gleichen Zeit versagt.“

Die Mitvierziger sind gut vertreten bei Torsten Bauer, Menry Meyer, Peter Waros und Rüdiger Bering, der für den erkrankten Klaus Zwick einspringt und schon nach kurzer Zeit als Konni zur Gruppe zu gehören scheint. Und dann kommt natürlich Jürgen Sarkiss als Ole dazu. Endlich, aber unwillig, verrät Ole, der Gitarrengott, kopfschüttelnd über so viel Dummheit das Geheimrezept seines Erfolges. „Natürlich hab ich Shit!“ Erst damit werde ihr Rock so richtig „hard´n´heavy“. Na dann. Besonderes Lob und Erwähnung verdient Martin Müller-Reisingers Stoney, Coach und Band- und Bühnentechniker, der, so seine Redeweise, „a) immer die Übersicht behält, b) als einziger weiss, wo die Steckdose für den X3-45f7- Stecker sitzt, c) die einzig richtige Raumtemperatur für Oles Gitarre kennt und d) ein echt cooler Typ ist“.

Den Gang durch die Charts der siebziger und achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts besorgt mit wachsender Dichte die Rockband des Theaters Oberhausen Mountain of Thunder mit einem Sound, der das Konsumgetöse im nahegelegenen Einkaufszentrum locker übertrifft. Die Klassiker von Deep Purple, AC/DC, Led Zeppelin oder Metallica haben die Jungs wirklich drauf, im Publikum zündet es. Manch einer mit diesem Rock wenig Vertraute wird sich immer häufiger fragen, ob es da eine Grenze zwischen Hardrock und einfachem Krach gibt …

Wenn dann der letzte Bühnennebel sich langsam hebt, und die Band ein letztes Mal voll aufdreht, steigt begeisterter Schlussapplaus des keineswegs nur jungen Publikums auf, Pfiffe und Gejohle inklusive. Einige Zuschauer bleiben wie betäubt sitzen und verstehen ihre Theaterumwelt – auch akustisch – nicht so recht.

„Musik kann dir die Kraft geben“, sagt Konny, der Oberstudienrat. – Müssen die Kraft haben …

Horst Dichanz







Fotos: Thomas Schweigert