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Fakten zur Aufführung 

DIE VERKAUFTE BRAUT
(Bedřich Smetana)
1. November 2014
(Premiere)

Theater Münster


Points of Honor                      

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Auf Ehe reimt sich wehe

Drum prüfe, wer sich ewig binde. Dieser berühmte Hochzeitsspruch fasst die Kernaussage von Smetanas Oper Die verkaufte Braut bestens zusammen. Am Theater Münster hat Regisseurin Yona Kim in ihrer modernen Interpretation genau diesen Gedanken recht gut eingefangen und misstraut nicht ganz zu Unrecht der oberflächlichen Heiterkeit und Volkstümlichkeit des Werkes. Schon während des Sechzehntel-Gewitters der Ouvertüre wankt, albert und trinkt eine Festgesellschaft um den Orchestergraben herum. Hugo Holger Schneider hat ihnen eine geradezu verbotene Mischung aus Trachten und moderner Mode gegeben, wo nichts zusammenpasst. Das passt auf das Werk wie die Faust aufs Auge.

In der von Kristopher Kempf und Schneider entworfenen schäbigen Industriehalle versucht die Gesellschaft mit Hilfe einer wie vom Oktoberfest geklauten Minitheke, den Hauch von Festlichkeit zu erzeugen. Gefeiert werden soll übrigens eine Goldene Hochzeit, aber das glückliche Paar ist mehr senil denn lebendig und der Rest der Gesellschaft ist am Alkohol mehr interessiert als an den Jubilaren. In diesem Umfeld spielt sich zwischen Saal, Garderobe und Waschraum die eigentliche Handlung ab, von der Braut Marie, die den einen – den Hans – liebt, aber den anderen, den Wenzel, heiraten soll, um die Schulden des Vaters zu tilgen. Der Hans meint es eigentlich ganz gut, als ihm ein Plan einfällt, seine Geliebte zu retten, doch er lässt sich dafür auf ein unmoralisches Angebot ein und verkauft seine Braut.

Am Ende haben alle Angst vor dem Brautstrauß, und die Hochzeitskleider gibt es im Sonderangebot. Das Herauskehren der Gesellschaftskritik geschieht wie so oft bei Yona Kim nahezu mit dem Holzhammer. Etwas abgemildert wird der Gesamteindruck durch die sehr genaue Personenführung, die sich aber nicht immer einheitlich durch die drei Akte zieht. Zwischenzeitlich kommt das Gefühl auf, dass die eine oder andere Szene dem Regieteam nicht so wichtig ist. Doch Langeweile kommt wie so oft in letzter Zeit am Theater Münster nicht auf. Auch der erste Kapellmeister Stefan Veselka steuert viel Unterhaltungswert und zuweilen rasante Tempi bei, die das Sinfonieorchester mit Bravour umsetzt. Doch so ganz will die Koordination mit der Bühne noch nicht klappen. Das betrifft vor allem den Chor – obwohl man die Direktorin Inna Batyuk in gleicher Funktion in die Szenen einbaut. Sie schaut sich oft über die Schulter zu Veselka um: Welches Tempo schlägst denn du? Aber das sind gewiss nur Startschwierigkeiten der Produktion, denn ansonsten schlagen sich Opern und Extrachor tadellos.

Das große Liebespaar der Aufführung hat stimmliche Gemeinsamkeiten. Sara Rossi Daldoss und Gasttenor Daniel Ohlmann schmachten sich herrlich an und verfügen über eine wunderschöne Mittellage und noch dazu über beachtliche szenische Präsenz. Doch nach oben hin wird es eng und im Laufe der Vorstellung immer enger. Da wird der Krafteinsatz für die beiden anspruchsvollen Partien stetig deutlicher. Ganz stark ist Boris Leisenheimer als Wenzel – ein Spieltenor mit schönem Timbre, zu dem sehr gut der Sopran Eva Bauchmüllers als Esmeralda passt. Die Krone des Abends gebührt aber Gregor Dalal, der den schmierigen Heiratsvermittler Kecal in westfälischer Beamtenmanier auf die Bühne bringt. Zum Schießen komisch seine Darbietung und sein raumgreifender wie auch agiler Bassbariton passt perfekt zur Rolle. Der Rest der Besetzung ist gute Wertarbeit des Ensembles: Man freut sich richtig, die bekannten Stimmen von Lukas Schmid, Lisa Wedekind, Plamen Hidjov und Christian Kai Sander wiederzuhören.

Die verkaufte Braut ist sicher nicht der beste Wurf in der jüngsten Geschichte des Theaters, aber solide Unterhaltung ist garantiert. Den Eindruck bestätigt auch das Publikum: Viele kleine Zwischenreaktionen während der Aufführung und am Ende der Oper werden vor allem Leisenheimer und Dalal gefeiert. Das Regieteam wird ganz gelassen empfangen, ein einsamer Buhrufer wittert vergeblich den großen Skandal und bekommt dafür extra Gelächter. Gute Stimmung in Münster.

Christoph Broermann

Fotos: Oliver Berg