Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

DIE ZAUBERFLÖTE
(Wolfgang Amadeus Mozart)
24. Mai 2014
(Premiere am 23. Mai 2014)

Die Linie 1, Aula Berufsschule Medien
München-Moosach


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Zauber einer Volksoper

Es ist schon ein recht ambitioniertes Unterfangen für einen Stadtteilkulturverein, sich zu seinem 25-jährigen Bestehen eine Zauberflöte zu leisten. Doch mit tatkräftiger Unterstützung vieler ehrenamtlicher Helfer, durch Sponsoren und ein professionelles Regieteam ist es Moosach gelungen, eine volkstümliche und von der Begeisterung der Mitwirkenden lebende Zauberflöte zu stemmen, die nah an dem ist, was sich Schikaneder ursprünglich für sein Haus gewünscht hat.

Das ganze Viertel agiert neben Gastsängern in aufwendigen Chorszenen, mit handgemachten Kostümen und vielseitig als Jahrmarktskulisse für die Spielszenen. Das atmet ein wenig den Geist von Oberammergau und erzeugt etwas sehr Wichtiges: Indem ein Viertel Oper macht, kommt die Oper in das Viertel. Viele Kinder und große Teile des sicherlich opernferneren Publikums sehen hier eine phantasievolle Mozartoper und lassen sich mitreißen. So entsteht am Stadtrand ein klassisches Zentrum, das ästhetische Bildung mit Menschen und für ihre Mitmenschen liefert.

Das Regiekonzept verantwortet Kristina Wuss, die mit vielseitigen Projekten gerade stadtnah in München wirkt. Ihre Regieidee verlagert die Zauberflöte an ihren Spielort, das dort beliebte Pelkovenschlösschen etwa wird auf der Bühne aufgestellt. Zusammen mit vielen anderen Anspielungen doppelt sich so die Idee, große Oper im kleinen Ort zu schaffen. Diese Idee hätte gereicht, doch Wuss liefert noch viele, zu viele andere, mehr oder weniger schlüssige Interpretationsansätze und stopft diese Märchenoper mit Tiertravestien, Wissenschaftsergebenheit, astrologischer Esoterik und allerlei Aktionismus zu voll. Langweilig wird es auf der Bühne nicht. Eine recycelte Schlange trifft einen liebevoll gestalteten Löwen, der große Chor tanzt um Papageno und selbst eine indianische Schamanen-Papageno schleicht neben einem räderschlagenden Monostatos über die Szene. Die Hälfte hätte auch gereicht, gerade da die provinzielle Herangehensweise im besten Sinne der Clou dieser Gemeinschaftsproduktion ist. Gute Ansätze wie ein kunstsammelnder Astrochemiker als Sarastro und die vielen Koffer der heim-/heimatsuchenden Erleuchtenden werden durch Albernheiten und Nebenschauplätze abgewertet. Dafür erzeugt die große Dynamik des Bühnenwimmelns ein gewisses Mitreißgefühl, das zu großen Teilen den begeisternden Mitwirkenden geschuldet ist.

Auf hohem Niveau erzeugen die liebevollen Kostüme von Monika Staykova trotz des begrenzten Budgets für phantastische Momente, und das simple wie klug gelöste Bühnenprospektkonzept von Anton Barnard und Linda Sieg sprüht von ideenreicher Inspiration. Die vielen Auftritte um die, den Gegebenheiten einer Schulaula geschuldeten Bühne füllen den Opernraum mit Leben. Das tun aber auch die detailliert gestalteten Seitenbühnen, die einem Bauwagen von Peter Lustig an Einfällen schon sehr nahe kommen.

Großes Manko einer solchen Produktion sind die Sänger. Doch als professionelle Sänger bezeichnet, müssen sie in einer ernstzunehmenden Kritik besprochen werden. Teils freche Kurzbiographien des Programmheftes werden mitnichten eingelöst. Der anscheinend global agierende Tamino Jason Papowitz liefert nichts anderes als Körperverletzung mit seiner schrillen Säge und wird lediglich von einem anscheinend gesangespreisgekrönten Monostatos von Siddique Eggenberger untertroffen, der vom gesamten Chor an stimmlicher Bildung und Tonfindung an die Wand gestellt wird. Sarastro Frits Kamp singt zwischen Winterreise und Barbiere wohl auch den Sarastro mit weniger überzeugenden Momenten, dafür mit einer gewissen skurrilen Persönlichkeit. Lichtblick ist der in Ausbildung befindliche Papageno Benedikt Eder mit Bühnenpräsenz und ausbaufähigem Bariton. Sein Schalk und seine Freude am Spiel kommen ihm zu Gute. Daneben ordentlich, wenn nicht spannend, Papagena Susanne Spahn und ausdrucksloser Simone Yael als Pamina. Mit viel Courage versucht sich die physiognomisch unglücklich inszenierte und sehr junge Astrid M. Mathyshek an der Königin der Nacht, die nicht umsonst jede Sopranistin dieser Welt fürchtet. Präzisere Auftritte und angenehmere Stimmen liefern die drei Damen, insbesondere Susanna Proskura mit flötendem Sopran. Ordentlich auch die von der Oper entliehenen Knaben und natürlich der emphatische Chor der Moosacher unter Matthias Bauernfeind, die Isis und Osiris spürbar werden lassen. Motiviert leitet Bauernfeind auch das kleine Orchester und hilft Sängern, Musikern wie Choristen dabei, diesen Mozart spielbar zu machen.

In Erinnerung bleiben nicht Tenor und Rachearie, sondern ein Ort, der es schafft, Begeisterung für diese Zauberoper zu erzeugen. Das spürt man bei allen Beteiligten, bei den Machern ebenso wie beim berührten Publikum. Deshalb ist so eine Oper wichtig, richtig und großartig. Das nächste Mal dürften dann durchaus auch die Moosacher selbst ihren Tamino und ihre Königin singen. Der Freude an der Kunst tut das dann weniger Abbruch.

Andreas M. Bräu

Fotos: Peter Nitsche