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Fakten zur Aufführung 

DAS TRIADISCHE BALLETT
(Gerhard Bohner)
5. Juni 2014
(Premiere am 4. Juni 2014)

Bayerisches Staatsballett, München Reithalle


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Reanimation eines Meisterwerks

Die Wiederaufnahme der Neufassung des berühmten Triadischen Balletts von Oskar Schlemmer ist eine „Herzensangelegenheit“ des Münchner Ballettdirektors Ivan Liska. 1977 tanzte er bei der Premiere selbst mit und war auch an der jahrelangen Arbeit der Rekonstruktion dieses berühmten Werkes beteiligt. 1922 schuf Oskar Schlemmer dieses, nicht nur von den Tanzfreunden, sondern auch der gesamten Kunstwelt gerühmte Werk. Es ist ein Musterbeispiel von interdisziplinärer Kreativität und Gestaltung. Inmitten der Goldenen Zwanziger, geprägt vom Streben nach Unterhaltung nach den Schrecken des Ersten Weltkrieges bestand eine künstlerische Aufbruchsstimmung in Variete, Kino und Theater.

Schlemmer war bereits ein anerkannter Maler, Bildhauer, Architekt sowie Pädagoge am jungen Bauhaus, als er sich dieser Revolution im klassischen Ballett stellte. Er gestaltete ein Gesamtkunstwerk, in dem er die Übergänge zwischen den Medien und Disziplinen fließend vereint. Gemeinsam mit dem Tänzer-Ehepaar Burger wirkte er auch bei der Uraufführung 1922 im Landestheater Stuttgart als Tänzer in diesem „Tanz der Dreiheit“ mit. Die Dreidimensionalität ist in drei Tänzern, drei geometrischen Formen – Kreis, Viereck, Dreieck – und drei Szenen – gelb, rosa, schwarz wiedergegeben. Musikalisch war das Werk ursprünglich mit Musik klassischer Komponisten wie Händel unterlegt. Später arbeitete Schlemmer an einer Fassung mit der Musik von Paul Hindemith. Mit der Verfolgung Oskar Schlemmers als entartetem Künstler unter dem Nationalsozialistischen Regime geriet das Werk in Vergessenheit.

Es sind die originellen und unvergesslichen Entwürfe der Kostüme von Schlemmer, die dieses Werk prägen. Er zwängt die Tänzer in starre, voluminöse und farbenreiche Kreationen, die gewollt kaum Bewegungsfreiheit zulassen. Zeitlos modern für den Betrachter laufen die einzelnen Szenen in 18 verschiedenen Kostümen ab, und immer wieder ist er hingerissen von der Harmonie und Ausdruckskraft der Bilder. Phantasiereich verwendet Schlemmer wattierte Stoffe, kubistisch anmutende Masken und Accessoires. Die Choreographie ist auf ein Minimum reduziert. Es gibt auch keine Handlung zu erzählen.

Die Bedeutung Schlemmers für die Moderne in Malerei und Plastik sowie seines revolutionären Bühnenkunstwerkes führte in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts zum Auftrag für die Rekonstruktion der Urfassung des Triadischen Balletts. Unter der Führung von Gerhard Bohner, selbst ein Revolutionär und Freidenker, arbeiteten Tänzerin Reinhild Hoffmann und Kostümbildnerin Ulrike Dietrich viele Jahre an der Vollendung der nun gezeigten Neufassung, die 1977 uraufgeführt wurde und in über 85 Ländern sehr erfolgreich aufgeführt wurde.

Musikalisch wurde das Werk von Hans Joachim Hespos mit einer neugeschaffenen Komposition untermalt, da die ursprüngliche Musik wie auch weitere Überarbeitungen von Oskar Schlemmer nicht überliefert sind. Hespos erarbeitete eine harmonische, technische geprägte Musik für Schlagzeug und Bläser. Keine Melodie begleitet die Bewegung auf der Bühne. Eine wohlabgestimmte Geräuschkulisse mit sphärischen und irdischen Klängen bildet eine Hülle um die Tänzer.

Der Münchner Ballettdirektor Ivan Liska hat dieses Werk mit der Jungen Ballettcompagnie des Staatsballetts mit viel Liebe zum Detail einstudiert: Seine jungen Eleven folgen ihm mit Freude und Begeisterung. An den Gesichtern der jungen Tänzer ist trotz ausdrucksloser Maske die Spielfreude zu erkennen. Der Funke springt auf das Publikum über, das mit großer Begeisterung folgt und sich am Ende mit viel Beifall lautstark bedankt.

Helmut Pitsch

Fotos: Wilfried Hösl