Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

RUSALKA
(Antonín Dvořák)
20. Juni 2015
(Premiere am 19. Juni 2015)

Pasinger Fabrik München

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Fisch oder Fleisch

Was hat man der armen Rusalka nicht schon alles angetan. Im Aquarium, im Waschbecken, ganz auf dem Trockenen, in Fritzls Keller oder auf der Ölplattform; viele Regisseure überboten sich darin, den märchenhaften Stoff mit Gewalt von jeglichem Zauber zu befreien, um zu deuten und zu überdeuten. In diese Falle tritt das mittlerweile im neunzehnten Jahr etablierte kleinste Opernhaus in der Pasinger Fabrik nicht. Untypisch könnte man die Entscheidung für Dvořáks Meerjungfrau zwar nennen. Für das Haus gelingt auch die Umsetzung untypisch, doch bei einem ist man sich musikalisch wie inszenatorisch einig: Das Märchen darf ganz naiv, ganz unreal und sehr verspielt bestehen bleiben.

Üblicherweise fräst sich die Bühne des kleinen Saals in und durch den Zuschauerraum mit Bistrotischen und Service. Das fällt bei Bohème, Tosca und Traviata leicht, bei Rusalka bleiben hingegen die Füße trocken, und Julia Dippel entscheidet sich für eine klassische Guckkastenbühne. Die Wiederholungstäterin in Pasing schafft einen suggestiven Waldraum mit berankten Mauerelementen und einem zentralen Mond in der Mitte. Durch die ansprechenden, teils zu verspielten Installationen von Marc Molinos wird auf die Scheibe und an die Wände projiziert. Das Lied an ihn kann also direkt an ihn gerichtet werden. Präsent und optisch hochwertig schimmert der ganze Bühnenraum vielseitig dank Jo Hübners kluger Lichtregie. Klassisch fallen auch die Kostüme von Katharina Raif aus. Russische Elemente, viel Pelz und etwas Folklore erzählen ebenso wie die Regie das Märchen vom kühlen, sehnenden Mädchen aus der Tiefe, das schnell erkennen muss, dass der Traum von der menschlichen Höhe enttäuscht wird und nur durch die tragische Vereinigung mit ihrem untreuen Prinzen gelingt. Sie ist eben nicht Fisch, nicht Fleisch. Dippel nimmt die oft kritisierte Liebesgeschichte ernst. Ihr Prinz wird wahrlich wie ein Siegfried verzaubert, damit er von der ätherischen Meeresbraut abfällt. Dazwischen nutzt sie Heger und Küchenjungen als komisches Element und baut drei Tänzerinnen als Ballettelfen ein, die das magische Moment ausbauen. Die Tänzerin Elodie Lavoignat ließ sich dazu eine teils komische, teils sehr ans Körpertheater erinnernde Choreografie einfallen, die sie selbst mittanzt und dabei auch die beste Figur im klassischen Ausdruckstanz macht.

Dazwischen klassisches Personenspiel mit Brunnenszene und weinender Medusa. Jezibaba darf noch richtig fies als gestutzte Wiedergängerin einer Disney-Ursula wüten, und am Ende rührt das romantische Mondbild zwischen irrlichternder Liebe und der Erkenntnis, dass in einem guten Märchen eben selten alle bis an ihr Ende glücklich leben.

Stimmlich liefert diese Rusalka die seit längerem stärkste Besetzung des kleinsten Opernhauses. Karolina Plickova passt nicht nur optisch ins Meerjungfrauenimage. Ihr Lied an den Mond klingt routiniert, dennoch frisch und mit sicherem Spiel des runden Soprans. Szenisch zurückgenommen, beweist sie klare Akzente und Lust an der Partie. Lemuel Cuento ist spielerisch etwas unbeholfener, dafür überzeugt er gerade in der Mittellage als Prinz mit Charme. Das kleine Haus kommt beiden Stimmen zugute. Anscheinend in allen Fächern zuhause, beweist Ida Wallen als Jezibaba eine dämonische Tiefe und dennoch Kraft im Ausschlag, dabei dürften sich gerade Kinder vor ihrem stechenden Hexenblick fürchten. So spielt man Märchenoper. Optisch getrickst wird an dem sehr jungen Wassermann Alexander Kiechle, dessen frischer Bass älter und größer klingt, als man es auf den ersten Blick erwartet. Hier liegt Potenzial. Ganz in der Hosenrolle angekommen, verzückt Christina Bernhardt als kecker Küchenbursch mit Sinn für Komik, die sich ideal mit Peter Trautwein als Heger ergänzt. Offenherzig und stimmlich klar strukturiert darf Jennifer Jakob als Fürstin erscheinen. Alle Figuren müssen Abstriche aufgrund der verständlichen Striche hinnehmen. Es wird auf Deutsch gesungen und Teile durch Sprechparts ersetzt. Den Chor ersetzt das Ensemble.

Sehr salonhaft klingt diesmal das Orchester. Andreas Heinzmanns Arrangement erhält in der kleinen Besetzung Dvoraks gleißende Rhythmik ebenso wie die tänzelnde Melodik, die hier geschwind und grade in der quasisolistischen Streicherpartie schlichtweg schön klingt. Es fehlt kein Bums, es braucht nicht mehr für diesen kleinen romantischen Raum, der nichts will, als ein Märchen zu erzählen.

Begeisterte Reaktionen im fast vollen Haus.

Andreas M. Bräu

 



Die Fotos der Pasinger Fabrik
zeigen Eindrücke von der Hauptprobe.
Die gezeigten Personen sind andere
als die im Text genannten.