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Fakten zur Aufführung 

PRIMA LA MUSICA, POI LE PAROLE
(Antonio Salieri)
11. Juni 2015
(Premiere)

Bayerische Staatsoper,
Hubertussaal Nymphenburg


Points of Honor                      

Musik

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Starker Nachwuchs in der Oper

Entgegen des Leitmotivs des Abends „Prima la musica, poi le parole“ steht als erstes Siegfried Kneissl, Vorstand der Freunde des Nationaltheaters, als Redner auf der Bühne. Er berichtet vom Engagement seines Vereins im Bereich der Nachwuchsförderung. Es ist bereits Tradition, dass dieses Konzert der Orchesterakademie und des Opernstudios alljährlich im Hubertussaal des Schlosses Nymphenburg stattfindet. So können die jungen Musiker notwendige Erfahrung auf der Bühne und im Zusammenspiel gewinnen und Künstler ihre Ideen zu Werken gestalten.

Im ersten Teil kommen drei Solistenkonzerte unter der Leitung der jungen Ukrainerin Oksana Lyniv, der Assistentin von GMD Kirill Petrenko zur Aufführung. Konzentriert mit ernster Miene schlägt sie den Takt an und achtet auf alle Einsätze. Die Orchestermusiker und Solisten spielen mit Freude und Leidenschaft, schon wie die großen Vorbilder. Es wird auf das Zusammenspiel geachtet, auf die anderen Instrumente gehört, aber die hohe Aufmerksamkeit birgt die Gefahr des Verlustes der Intimität, der Geschwindigkeit und Emotion. Das ist immer wieder zu spüren.

Nach der Pause kommt das Divertimento teatrale Prima la musica, poi le parole von Antonio Salieri halbszenisch zur Aufführung. Die einaktige Oper handelt vom Zank zwischen einem Komponisten und Poeten. Sie ist auch eine kritische Auseinandersetzung mit dem Opernmetier seiner Zeit. Die Uraufführung fand 1786 in der Orangerie im Schloss Schönbrunn statt. Theresa Schlichterle, die bereits als Assistentin für viele bekannte Opernregisseure gearbeitet hat, nähert sich in ihrer Interpretation dem Werk sehr mutig mit weitreichenden Veränderungen. Sie streicht alle Rezitative und fasst die Texte in einem Sprachmix aus zumeist Englisch neu oder ersetzt sie durch passende Texteinspielungen der bayerischen TV-Kultserie Monaco Franze. Janina Bauer gestaltet hierzu eine Treppauf-treppab-Szenerie, die das Orchester umrahmt und die Sänger treten modern-salopp gekleidet auf.

Stimmlich können alle vier Kontrahenten mit ihrem Talent und Können aufhorchen lassen. John Carpenter ist ein sonorer Poet, traditionsbehaftet und sehr amerikanisch. Seine Stimme hat Kraft und Ausdruck, sein Spiel bleibt noch steif. Evgenij Kachurovsky übernimmt den Part des Komponisten selbst- und stimmlich treffsicher und mit einer gekonnten Portion von Ironie und Parodie. Anna Rajah hat viel Stimm-Material, erscheint im Einsatz aber verhalten und spielerisch gekünstelt als Donna Elvira. Frech auftrumpfend dagegen Marzia Marzo als Tonina mit voller Stimme, die manche Höhe schneidend im Registerwechsel nimmt. Das Werk trägt auch den vielversprechenden Untertitel "oder die mörderische Frage, wer mit wem spielt". Getötet wird nicht, aber viel gespielt und die räumlichen Nachteile geschickt ausgelotet. Dem Publikum werden einige Lacher entlockt, und es wird gute Unterhaltung geboten. Das Werk kriegt durch die vorgenommenen Veränderungen einen modernen eigenständigen Touch, aber es fehlt im Konzept die Lösung oder das schlüssige Ende, aber dem ist auch Antonio Salieri aus dem Weg gegangen.
          
Musikalisch begleitet wiederum Oksana Lyniv mit den Mitgliedern des ATACCA Jugendorchesters, der Orchesterakademie und Nachwuchsmusikern des Mozarteumsorchesters Salzburg. Temporeich werden die barocken Klänge zusammengesetzt und untermauern weich tragend und frisch lebendig den Gesang. Am Ende gibt es zu Recht viel Applaus für diese beeindruckende, engagierte Leistung aller Beteiligten. Der Münchner Nachwuchs zeigt sein Potenzial und die Ergebnisse intensiver Arbeit. Wir wünschen den jungen Künstlern viel Erfolg in der weiteren Entwicklung.

Helmut Pitsch

 

Fotos: Janina Bauer