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Fakten zur Aufführung 

PETER GRIMES
(Benjamin Britten)
21. Oktober 2014
(Premiere)

Staatstheater am Gärtnerplatz München, Zirkus Krone


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Alle gegen einen

Welches sind nun die Verbrechen, die er begangen hat? Peter Grimes, die traurige Gestalt in langen Gummihosen möchte ja nur die Gunst seiner Dorfmitbewohner, allen voran das Herz der Dorflehrerin Ellen gewinnen. Dafür arbeitet er 7 Tage 24 Stunden ununterbrochen und ist dabei auf die Hilfe junger Buben angewiesen, die billiger sind als echte Matrosen. So war es im England des auslaufenden 19. Jahrhunderts. Und so könnte es noch immer sein.

Immer wieder holt der Regisseur Balasz Kovalik die Parallelen zur modernen Gesellschaft heraus. Da marschiert der Mob, aufgestachelt durch falsche Gerüchte, in der Manier der Nationalsozialisten oder vermummt wie die Isis-Kämpfer, da verlustieren sich in der feinen Gesellschaft Herren in Strapsen und ähnliches. Die brutalen Mechanismen der Gesellschaft gegenüber Einzelgängern, der Automatismus der Vorabverurteilung und die Schwierigkeiten, Hilfe zu bekommen, sind die Themen, die den Regisseur umtreiben.

Deshalb bekommt der Chor, ausgezeichnet vorbereitet von Joern Hinnerk Andresen, eine zentrale Rolle als das Volk und viel Raum auf der Bühne. Diese ist von Csaba Antal mit wenigen Hilfsmitteln gestaltet. Ein großer Plastikvorhang hängt wie in einer Dusche mächtig auf die Bühne herab und versinnbildlicht vieldeutig die Enge der Gesellschaft, den dicken Mantel, unter dem sich die Laster und Sünden verstecken sowie die natürliche Wand des Meeres. Ergänzend dient sie als Reflexionsebene für Lichteffekte von Michael Heidinger, die die orchestralen Interludes begleiten.

Hier lässt Marco Comin, musikalischer Leiter dieses Abends das Orchester in vollen Maßen zum Zuge kommen und bringt die Klangfarben der Partitur impressionistisch fein zum Leuchten. Sonst dominieren häufig voluminöse Forti gemeinsam mit dem Chor an diesem Abend.

Die Wagnersängerin Edith Haller fügt sich gut in ihre Rolle der Ellen Orford ein und bietet mit ihrer voluminösen und kraftvollen Stimme dem großen Chor Paroli, ohne gepresst zu wirken. Gerhard Siegel bietet hier mehr Kraft in der Dramatik des Peter Grimes auf. Die intimen Sprechgesänge der beiden gelingen gefühlvoll und lyrisch. Ashley Holland setzt sich hilfreich als Captain Balstrode auf der Seite von Ellen ein. Slapstickartig komisch, aber fein gesungen das Trio Snejinka Avramova als Wirtin Auntie, Juan Carlos Falcon als Bob Boles und Holger Ohlmann als Ned Keene.

Nachdem der letzte Ton verstummt ist, herrscht disziplinierte Stille im Publikum bis der Vorhang fällt. Man spürt, dass die Geschichte und die Inszenierung ihre Wirkung haben. Langsam schwillt ein begeisterter Applaus für alle Beteiligten an.

Helmut Pitsch

Fotos: Thomas Dashuber