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Fakten zur Aufführung 

KASPAR HAUSER
(Alexander Krampe)
3. September 2014
(Premiere am 21. August 2014)

Kammeroper München,
Hubertussaal Nymphenburg


Points of Honor                      

Musik

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Rührend berührend

Die Geschichte von Kaspar Hauser, dem jugendlichen Findelkind, das 1828 aus dem Nichts in Nürnberg auftauchte, ist immer wieder bewegend und ein dankbarer Stoff für Filme, Schauspiel oder nun auch Oper. So haben es Dominik Wilgenbus und Alexander Krampe von der Kammeroper München gesehen und hier ein Traumspiel nach ihrer Definition geschaffen. Und Träume spielen im Leben von Kaspar Hauser auch in Wirklichkeit eine Bedeutung, in einem Leben von Trug und Betrug, vermeintlicher Fürsorge und Gier. Zuerst wurde er verhaftet, aber es fanden sich immer wieder Bürger und Edelleute, die sich ehrlich oder aber begehrlich seinem Schicksal annahmen. Sie versuchten seine Existenz und Provenienz zu erforschen. Aufsehenerregend war der Verdacht seiner königlichen Herkunft. Ob sein ungelöster Tod oder Mord sowie der seines Gönners Anselm von Feuerbach hiermit in Zusammenhang stehen, ist eines der großen Rätsel der deutschen Kriminalgeschichte.

Aber das zu lösen, ist nicht die Intention der Kammeroper München. Vielmehr gewährt sie in einer Aneinanderreihung von Einzelgeschehnissen Einblick in die innere Gefühlssituation und Reflexion Kaspar Hausers auf seine Umgebung. Die Musik wurde von Dominik Wilgenbus aus dem kompositorischen Schaffen Franz Schuberts zusammengesetzt. Dessen frühe romantische, gefühlsbetonte, mit melancholischen Melodien durchsetzte Musik fügt sich harmonisch in diese Lebensgeschichte ein. Ebenfalls von Wilgenbus stammt das verblüffend realistisch, an die beschränkte Gedankenwelt eines verkannten intelligenten Jugendlichen anknüpfende Libretto als auch die Regie dieses unterhaltsamen Abends.

Die finanziellen Mittel der Münchner Kammeroper sind sehr begrenzt und speisen sich ausschließlich aus privaten Sponsoren. Umso mehr muss man die Leistung aller Beteiligten hervorheben, die mit viel Freude und Einsatz dabei sind. Mit einfachsten Mitteln, diese aber effektvoll und klug eingesetzt, kreiert der Regisseur Stimmung und Atmosphäre. Die Kostüme sind zeitgerecht an das Biedermeier angelehnt.

Der Portugiese André Baliero verkörpert und wird im Laufe des Abends überzeugend zu Kaspar Hauser – geistig abwesend, in sich ruhend, intelligent, ein Außenseiter, der von der Gesellschaft benutzt wird. Anmutend ist sein sicherer Gesang, der Anspruch an die Partie ist hoch, aber er meistert diesen mit seinem südländisch gefärbten Bariton. Katharina Konradi, Florence Louseau, Aline Kostrewa, Thomas Huber, Phillipp Jekal und Clemens Joswig bilden den Chor und übernehmen mehrere Rollen in der legendären Lebensgeschichte. Einmal mehr führt Nabil Shehala das kleine Orchester, das sich hinter der Bühne aufreiht. Verschiedene musikalische Elemente stammen aus dem Liedgut Schuberts, sowie seinem unvollendeten Oratorium Lazarus. Von Alexander Krampe neu arrangiert, färbt Shehala auch diese mit breitem, romantischem Anstrich, unterstützt mit Gitarre und Akkordeon im Orchester.

War er nun ein Prinz oder nur ein Betrüger, ein Findelkind oder Froschkönig, wen kümmert‘s, bewegt hat dieser Abend mit seinem beherzten Spiel, einem bravourösen Titelhelden und intimer Regie. Wiederum ist dieser freien Operngruppe ein gelungenes publikumsnahes Musiktheater mit Ausnahmequalität gelungen.

Helmut Pitsch

Fotos: Sabina Tuscany