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Fakten zur Aufführung 

BILDER EINER AUSSTELLUNG
(Modest Mussorgski)
25. März 2015
(Premiere)

Staatstheater am Gärtnerplatz München, Reithalle


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Musikalisches Museum

Die Kleinen wippen auf ihren Stühlen hin und her. Sie tänzeln im Takt des Küken-Balletts in ihren Eierschalen. Genauso schunkeln sie zur Parkszene mit den quasselnden Kindern, drücken sich beim gruseligen Gnomus neben Mama oder Opa und halten sich beim Kiew-Finale auch mal die Ohren zu, wenn das Orchester samt großem Schlagwerk tönt.

Mussorgskyis Klavierzyklus hat nichts von seiner suggestiven Kraft verloren, und so gelingt auch die Neuproduktion des Gärtnerplatztheaters als Gesprächskonzert in der Ravel-Vertonung. Während die Musik Bilder malt, Stimmungen vertont und Atmosphären hörbar macht, lernen die Kleinen und Großen dabei etwas über Instrumentierung und den Zauber eines großen Orchesters samt seiner vielen Schattierungen zwischen Streichern als Windmachern, Bläsern als Schlossgeistern und Pauken als quietschender Radwagen. Wenn am Ende die Glocke schallt, der vollmundige Klang von Mussorgskys Klangbilder nachhallt und die Promenade-Melodie lang im Ohr bleibt, dann sind wahrscheinlich ein paar Hörer dazugekommen. Andere erinnern sich an ihre ersten klassischen Gehversuche. Und Die Bilder einer Ausstellung verführen.

Mithilfe der Technik ist es ein Leichtes, den Zyklus visuell attraktiv zu präsentieren. Das Gärtnerplatztheater geht noch einen Schritt weiter. Anhand eingespielter Klavierauszüge werden die Themen im Original vorgestellt und dann live in der Reithalle in sattem sinfonischen Klang übertragen. Dazu werden teilweise Hartmanns Entwürfe und Gemälde gezeigt und die onomatopoetischen Dichtungen mit ähnlichen Bildern in Bezug gesetzt. Zwischen den Ausstellungsstücken moderiert Kapellmeister Michael Brandstätter sachlich und knapp. Er lässt die Melodieinstrumente auftreten, erklärt die Klangfarben der Instrumente und ihren Sinn bei der Instrumentierung von Hexenhaus, Katakomben und Marktplatz. Nicht ganz so schön gestaltet wie Stefan Wilkenings wunderbare Moderation von Peter und der Wolf gelingt dem Haus damit erneut ein wichtiger pädagogischer wie unterhaltsamer Abend für jedes Alter, eine Einführung in das Klangerlebnis fern von Hintergrundbeschallung, Pop-Einerlei und Dauerschleife. Dazu wird zwar der Zyklus leider unterbrochen und der Abend verklingt, bevor er richtig begonnen hat, doch in einer guten Stunde erhören sich die Zuschauer ein breites, vielfarbiges Werk mit allen kompositorischen Pinselstrichen und dramatischen Momenten.

Brandstätters Liebe für den Zyklus ist spürbar. Er dirigiert pathetisch und effektvoll, dabei einen sehr getragenen Mussorgski, der in der Reithalle vor allem lautstark daherkommt. Bis auf Aussetzer in der Tuba ist das Orchester des Gärtnerplatztheaters gut aufgelegt und lustvoll bei der Sache. Das hört man vor allem beim Marktplatz von Limoges. Der vollmundige Streicherklang bezaubert ebenso wie die präzise Trompete und natürlich die großen Tutti-Momente, die eben für manch Kleinen etwas laut aber effektvoll, stark und bombastisch daherkommen. Aber was soll die Klassik für einen Kennenlerner anderes sein, der aus den Katakomben irgendwann zu einem Triumphmarsch oder einer Todesmusik weiterwandert. Nach diesem bildhaften und schönen Abend begibt er sich sicherlich gern erneut ins Museum der Musik, das an diesem Abend lebendiger denn je erklingt.

Andreas M. Bräu

Fotos: Christian Zach