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Fakten zur Aufführung 

DON PASQUALE
(Gaetano Donizetti)
24. April 2015
(Premiere)

Südthüringisches Staatstheater Meiningen


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Alter schützt mal wieder vor Torheit nicht

Ein unbeschwerter Spaß, garniert von virtuosen Gesangslinien und sonnigem Melos, ist Gaetano Donizettis Opera buffa Don Pasquale in Meiningen. Auf solche unterhaltende Wirkung zielt auch die Regie von Knut Weber ab, doch manchmal übersteigert sie ihre Mittel. So verleiht der Ingolstädter Intendant bei seiner Inszenierung der Figur des Intriganten Malatesta äußerlich geradezu diabolische Züge, auch durch das Kostüm des Ausstatters Christian Rinke. Und dass der Abschiedsbrief des armen Ernesto an seine durchtriebene Geliebte Norina von einem Boten per Esels-Oberteil überbracht wird, gehört zu den wenigen unpassenden Einfällen der Aufführung. Insgesamt aber zeichnet sich die stimmige Inszenierung durch quirlige Lebendigkeit aus. Immer wieder spielt sie an auf das Vorbild der commedia dell’arte, besonders im letzten Akt mit der Dienerschaft in roten Arlecchino-Kostümen und mit Norina als kapriziöser Columbine mit rotem, wippendem Tüll-Rock.

Ansonsten aber scheinen die ersten beiden Akte in einem unbestimmten Heute abzulaufen, in einem weißen, leeren Raum mit Kamin und hohen Fenstern und Türen, in dem der alte Geizhals Don Pasquale während der Ouvertüre damit beschäftigt ist, seine Geldkassette ganz oben im Raum im Tresor zu verstecken. Er wähnt sich gerade im zweiten Frühling, möchte endlich eine eigene Familie gründen, damit sein unbedarfter Neffe Ernesto, eine Art Edel-Gammler in Lila, ihm nicht mehr auf der Tasche liegen kann. Deshalb wirft er ihn kurzerhand aus dem Haus samt Klamotten und Gitarre. Nun braucht er nur noch eine Frau. Dottor Malatesta aber weiß dafür Rat: Als Braut stellt er seine – angebliche – Schwester Sofrosina in Aussicht, die in Wirklichkeit aber Norina, die Geliebte Ernestos, seines Freundes, ist. Dieses raffinierte Luder hat möglicherweise auch was mit dem Doktor, wie die Regie andeutet, und spielt sehr überzeugend dem Alten die naive, schüchterne Klosterschülerin vor, züchtig mit Schleier. Als sie diesen lüftet, fällt Don Pasquale glatt vom Stuhl vor Begeisterung. Ein rasch herbeigeholter angeblicher Notar, recht grotesk von Mikko Järviluoto dargestellt, besiegelt den Ehevertrag. Doch gleich nach Unterzeichnung desselben zeigt die neue Ehefrau ihr wahres Gesicht: Sie wandelt sich sofort zum Hausdrachen, dekoriert alles um, wirft das Geld ihres Gatten zum Fenster hinaus. Er hat nichts mehr zu sagen, kassiert sogar eine Ohrfeige, will seine Gattin nur noch loswerden. Das Maß ist voll, als er von ihrem – natürlich vorgetäuschten – Rendezvous mit einem Geliebten im Garten, seinem schnell in eine grüne Oase verwandelten Zimmer, Kenntnis erhält. Don Pasquale lässt sich scheiden, und Ernesto darf seine Norina heiraten; so bleibt wenigstens das Erbe im Haus. Ob das neue Paar aber glücklich wird? 

Die  musikalische Seite dieser Aufführung immerhin macht das Publikum glücklich. Denn die Meininger Hofkapelle unter der anfangs noch etwas trockenen Leitung von Arturo Alvarado findet immer mehr zu melodienseligem Schmelz, und der sinnvoll als Dienerschaft beschäftigte Chor des Meininger Theaters unter Führung von Sierd Quarré erfreut mit schön abgestimmtem Klang.

Das große Plus aber ist der wunderbar komödiantisch und gar nicht senil agierende Stephanos Tsirakoglou als Don Pasquale, Junggeselle auf ungewohnten Freiersfüßen, und sein runder, kräftiger, beweglicher Bass fügt sich allen Anforderungen seiner Rolle. Geani Brad als rühriger Dottor Malatesta muss allzu oft diabolisch grimassieren, gefällt aber gesanglich sehr mit seinem angenehmen, stets präsenten Bariton. Als sein Freund Ernesto agiert der chinesische Tenor Xu Chang leider recht steif, kann aber mit seiner hellen, etwas eng geführten Stimme mühelos die höchsten Höhen erklimmen. Der Star der Aufführung aber ist Elif Aytekin als Norina. Bis in die graziösen Fingerspitzen hinein gibt sie das attraktive, launisch verspielte, attraktiv gefährliche Weibchen und verkörpert genauso herrlich verklemmt die brave Sofrosina. Dazu brilliert die Sopranistin mit ihrer klaren, strahlenden Stimme, glockenhellen Höhen und bravourösen Koloraturen.

Das Premierenpublikum bejubelt lange im nicht ganz ausverkauften Haus vor allem die musikalischen Leistungen.

Renate Freyeisen

 

Fotos: foto-ed