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Fakten zur Aufführung 

Mozart in Moskau
(Wolfgang Amadeus Mozart,
Kurt Schwertsik)
13. Juli 2014
(Premiere)

Nationaltheater Mannheim


Points of Honor                      

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Der andere in uns

Mozart ist ein mickriges Kerlchen, die Aloysia überragt ihn um Haupteslänge, und sein Diener Sebastian nimmt ihn locker auf den Arm. Im doppelten Wortsinn. Denn die Sprunghaftigkeit dieses ewigen Wunderkindes führt zu lächerlichen Posen und lustigen Situationen. Aber der Anlass ist eher ernst: „Der alte Wunsch zu sein, was nicht geschrieben“, das sagt dieser Mozart im Nationaltheater Mannheim wie ein Mantra immer wieder vor sich hin.

Mit spielerischer Leichtigkeit gelingt es der Jungen Oper Mannheim, das Thema von jenen zwei Seelen, die in jedes Menschen Brust schlagen, auf die Bühne zu bringen. Denn Mozart, der Knirps, wäre gerne ein Kosake mit Schwert und Dolch und Mut und Wut zu wilden Abenteuern. Aber immerhin schafft er es an den Hof der Zarin Katharina, um ihr eine Kosaken-Oper zu widmen. Die ist davon gelangweilt und vertilgt lieber ein Hähnchen nach dem anderen.

Regisseur Daniel Pfluger und sein phantasievolles Team haben diesen Plot mit Charme und Instinkt für jugendgerechten Zuschnitt inszeniert. Doch nirgends ist das Stück platt oder mit billigen Effekten garniert. Auch Eltern oder Großeltern können das Stück mit großem Genuss goutieren. Pfiffig ist auch die Idee, Video-Bühneneffekte nachvollziehbar auf der Bühne selbst zu produzieren: Aha, so funktioniert das.

Die Musik, die Lorenzo di Toro mit kleiner Orchesterbesetzung aus dem Graben zaubert, stammt als Pasticcio von Mozart; die fiktionalen Elemente einer Kosakenoper indes hat der Wiener Kurt Schwertsik beigesteuert; Gott sei es geklagt oder auch gedankt, der originale Mozart war halt doch genialer.

Die Sänger-Darsteller agieren fröhlich und mit ungeheurem Spieltrieb. Ludovica Bello kann als Großherzogin und Aloysia ihr komisches Talent ausleben, Sebastian Brummer gibt der Sprechrolle des Mozart viel an Temperament und doppelbödiger Mimik mit. Astrid Kessler als Pamina respektive Konstanze lockt ihren Wolferl mit den Waffen einer Frau ins Ehenest, Nikola Diskić spielt den Diener Sebastian trefflich, und Christian Sturm profiliert sich und die Figuren als Großherzog wie auch Katharina die Große.

Die Puppenspielerin Birte Hebold konfrontiert den Wolfgang Amadeus Mozart mit seinen früh gestorben Geschwistern, welche als Geistwesen weiterleben und gute Ratschläge parat haben. Ein bisschen Transzendenz darf sein, gerade in einer materialistischen Welt, deren rationale Grundstruktur das Träumen nicht zulassen will.

Das Premierenpublikum ist hellauf begeistert von einer bemerkenswert einfühlsamen Produktion, die Künstler sind es auch.

Eckhard Britsch

 

Fotos: Hans Jörg Michel