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Fakten zur Aufführung 

ALCESTE
(Christoph Willibald Gluck)
21. Februar 2015
(Premiere)

Nationaltheater Mannheim


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Verloren in der Düsternis

Kahl und kalt ist das Gemäuer, auch Kerzenleuchter können der düsteren Atmosphäre nicht aufhelfen. Unter einem Baldachin röchelt ein Mensch vor sich hin, auch die Helfer mit Pestmasken können den König Admète nicht retten. Irgendwann im 18. Jahrhundert sind die Menschen der Seuche hilflos ausgeliefert. Jetzt muss ein Orakel her. Das verspricht Hilfe, wenn ein anderer sich für ihn opfert. Die wunderschöne Alceste will selbstlos in den Tod gehen, egal was mit ihren Kindern passiert. Auch Admète scheint später nicht sonderlich beeindruckt, obwohl er so tut, als wolle er Alceste nicht verlieren. Aber es geht – möglicherweise – auch um Staatsraison.

In der Mannheimer Inszenierung der von Christoph Willibald Gluck 1776 in der französischen Fassung vorgelegten Oper legt Regisseur Dietrich W. Hilsdorf den Fokus deutlich auf Alceste, die von Cornelia Ptassek, von Stimme, Figur und Ausstrahlung ein Trumpf am Haus, weniger als Tragödin, sondern als ihrer staatstragenden Bedeutung bewusste Frau gespielt wird. Und hervorragend gesungen, denn ihr Sopran hat enormes Strahlen in der Höhe und eine große Palette an Farben. Voller Distanz gehen die Figuren aneinander vorbei. Admète scheint nicht recht zu wissen, was Staat oder Liebe, Welt oder Todessehnsucht von ihm verlangen; entsprechend intensiv in den Kontrasten legt der Tenor Andreas Hermann die Partie sängerisch an. Immer wartet man darauf, dass sich dieser Mann bekennt und dem Oberpriester – Thomas Berau singt ihn mit baritonaler Kraft – und dessen Adjutanten die Stirn bietet. Arme Alceste, allein gelassen will sie Haltung bewahren, bis sie doch mal den Teller an die Wand wirft, aus dem sie ihre selbst eingebrockte Henkers-Suppe auslöffeln soll. Denn die Orakel-Weissagung, nichts sei schöner, als für jemanden, den man liebt, in den Tod zu gehen, relativiert sich denn doch in der Stunde der Wahrheit. Ihr glühendes Gefühl verbirgt sie hinter der Maske der Unausweichlichkeit. Helfen wird, so das Libretto, ein gewisser Hercule, doch wie er die Mächte der Unterwelt besiegt, erzählt die Inszenierung nicht. Dafür jedoch wird er als trunken torkelnder Kraftprotz angelegt. Vielleicht hat er kurz zuvor einen Augiasstall ausgemistet und deshalb viel Durst. Aber Joachim Goltz spielt ihn gut.

Die Bühnengestaltung von Dieter Richter und die zeitbezogenen Kostüme von Renate Schmitzer illustrieren die düstere Atmosphäre ausgezeichnet. Oft mit Feuer führt Spezialist Rubén Dubrovsky das sehr gute Nationaltheater-Orchester durch eine Partitur, in der Gluck seine Stilmittel erweitert. Gesungen wird in französischer Sprache, die Übertitelung hilft beim Verständnis. Prächtig agiert der von Anton Tremmel einstudierte Chor, sehr gut besetzt sind die kleineren Partien.

Und am Ende einhellige Zustimmung bei einem Publikum, das sich quer durch die Bevölkerungsschichten mit seinem Opernhaus identifiziert.

Eckhard Britsch

 

Fotos: Hans Jörg Michel