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Fakten zur Aufführung 

STABAT MATER
(Gonzalo Galguera)
3. Oktober 2015
(Premiere)

Theater Magdeburg


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Glaube, Liebe, Hoffnung

In seinen choreografischen Kreationen erkundet Ballettdirektor Gonzalo Galguera immer wieder den Mythos des Göttlichen. Dabei spielen Glaube, Liebe und Hoffnung eine wichtige Rolle. In nachhaltig wirkenden, emotionalen Bildern spürt er dem Phänomen des Heiligen nach, thematisiert mit den Mitteln des Tanzes die spirituelle Sinnsuche der Menschen. Das gelang ihm 2009 mit dem Ballett Heilig! mit Musik von Anonymus, Giovanni Battista Pergolesi, Franz Schubert, Franz Liszt und Michael Gordon besonders überzeugend.

Nun also als Uraufführung ein Ballett, in dessen Mittelpunkt Gioacchino Rossinis Stabat Mater steht, ergänzt durch Musik von Benjamin Britten und Ralph Vaughan Williams. Galguera transformiert das Musikalische in Bewegung. Die Arrangements von Bewegungen im Bühnenraum, der durch schwarz-weiß Projektionen in rasantem Wechsel neben dem Musikalischen  zu einer wichtigen Kommunikationsebene wird, stehen immer in Bezug zu den von Chor und dem Solistenquartett Hale Soner, Sylvia Rena Ziegler, Felipe Rojas Velozo und Martin-Jan Nijhof interpretierten mittelalterlichen Text aus dem 12. Jahrhundert über Klage und Trauer Marias am Kreuz von Jesus. Und so werden folgerichtig die Solisten in die Choreografie einbezogen. Es entstehen Bilder voller emotionaler Kraft. Die Musik Rossinis trägt in den Arien und Duetten oft opernhafte Züge. Die Solo-, Ensemblesätze und die Chöre erinnern an seine Opern. Die Theatralik der Musik ist aber auch Vorlage für die szenische und tänzerische Bebilderung der hinter den zehn Abschnitten des Werkes steht.

Galguera transformiert die Marien-Geschichte. Er thematisiert den Übergang vom Weltlichen ins Spirituelle. Von der Musik angelockt, entdeckt in einem fremden Raum eine junge Frau ihren Weg in die Spiritualität. Realität und Mystik verbinden sich, die Erfahrungen verändern ihr Leben. Für die szenische Umsetzung dieser Idee hat Galguera selbst einen assoziationsreichen Bühnenraum geschaffen, eine Art Tunnel der spirituellen Erfahrungen, den man jederzeit verlassen kann. Das schlichte Weiß dieses Raumes steht für die Reinheit und Unschuld Marias. Der faszinierende Bühnenraum, der sich für die Chorsätze öffnet, wird durch die Videoprojektionen des aus Mailand stammenden Jacopo Castellano medial erweitert. Diese faszinierenden Projektionen in schnellem Wechsel sind wie virtuelle Kommentare zu den Texten, zitieren innere und äußere Welten, die Elemente der Natur und wie im Kaleidoskop Veränderungen und Beständigkeit.

Das alles macht die Inszenierung von Galguera zu einem Gesamtkunstwerk, das den Blick auf Rossinis Stabat Mater für den Zuschauer weitet, das Abstrakte konkret werden lässt. Die 23 Tänzerinnen und Tänzer präsentieren sich bereits zu Spielzeitbeginn ist bester Form. Atemberaubend getanzte Gruppenarrangements in rasanter Abfolge mit wie auf einem Schnittmuster in Reihen und Diagonalen  ausgeführten Bewegungen in immer neuen Verschränkungen und Verquerungen von Armen und Beinen,  den mit akrobatischen Einsprengseln  entstehenden Figuren und den sich immer wieder formierenden und sich dann blitzschnell auflösenden Menschenknäuel beeindrucken, Und das alles mit Synchronität in den Bewegungen und großer Exaktheit  getanzt. Herausragend  als Solisten Lou Beyne als Suchende und Daniel Smith als Pilger sowie Antanina Maksimovich, Anastasia Gavrilenko, Daniel Ojeda und Leander Rebholz. Mit seinen futuristisch anmutenden, blass-blauen Einheitskostümen unterstreicht Stefan Stanisic das Spirituelle dieser Suche nach dem Ich.

Musikalisch erfüllt die Magdeburgische Philharmonie unter Michael Balke und das Solistenquartett alle Erwartungen. Herausragend die Streicher, sehr gut ausdifferenziert zwischen der klagenden Einleitungsmusik der Eröffnung und dem jubelnden Schlusssatz. Martin Wagner hat den Opernchor optimal musikalisch vorbereitet. Eindrucksvoll dabei vor allem die A-capella-Chorsätze.

Das Publikum feiert mit Ovationen die Compagnie, Chor und Solisten und das Inszenierungsteam, ganz besonders aber Gonzalo Galguera.

Herbert Henning







Fotos: Nilz Böhme