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Fakten zur Aufführung 

THE ROCKY HORROR SHOW
(Richard O'Brien)
19. Juni 2015
(Premiere am 20. Juni 2014)

Domplatz, Theater Magdeburg


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Rockig, schrill und ganz schön sexy

Kult bleibt Kult und das seit mehr als 40 Jahren. Und so begegnet man auch in diesem Jahr im Magdeburger Domplatz-Areal viel Lack und Leder, sogar Jung und Alt im schrillen Straps-Outfit. Man hat sich als seine Lieblinge kostümiert: Brad und Janet, Margenta und Columbia und natürlich als Frank´N´Furter. Schon vor Beginn kocht in Erwartung der schrillen Show auf der Bühne vor dem Dom mit den gigantischen Ausmaßen die Stimmung. Und das wird sich auch nicht ändern. Viele Zuschauer haben bereits im vergangenen Jahr die Inszenierung von Ulrich Wiggers erlebt und sind eingestimmt auf ihre Mitwirkung  mit Reiskörnern, Wasserpistolen, Rollen von Toilettenpapier und Taschenlampen auf Stichwort. Das Publikum, und das macht den Kultstatus des Musicals aus, ist Teil des Geschehens, auch mit den „boring“-Zwischenrufen für den skurrilen Erzähler Peter Wittig, der durchs Stück geistert, oder Wolfgang Klose als Dr. Scott. The Rocky Horror Show ist Mitmach-Theater vom Feinsten. Auch musikalisch, denn bei den vielen Ohrwurm-Songs werden die Zuschauer auf den Rängen zum gewaltigen Background-Chor.

Die Magdeburger Theatermacher haben eine logistische Meisterleistung vollbracht. Es gelang ihnen, bis auf wenige Ausnahmen, die in allen Teilen Deutschlands verstreuten Darsteller für die diesjährige Aufführungsserie wieder zu vereinen. Mit Ex-„No Angel“ Lucy Diakovska als Margenta gelang darüber hinaus ein besonderer Glückstreffer. Das sehr junge Ensemble spielt und singt   mit Temperament, Charme. Die Darsteller stöckeln in Strapsen über die Bühne, bewegen sich aufreizend und ganz schön sexy. Und sie geben schauspielerisch ihren Figuren bemerkenswertes Profil. Michele Fichtner als Janet und Jonas Hein als Brad haben mit ihrem knallgelben Trabi eine Panne und geraten in das Horror-Schloss von Frank. Hier entdecken sie sich selbst, legen ihre Schüchternheit ab, verlieren ihre Unschuld und erleben eine ganz neue, andere Welt, die sie am Ende trennt. Sensationell der erste Auftritt von Frank´N´Furter. Wie eine Diva im Goldmantel stöckelt er in schwarzen Strapsen, langen Stiefeln und schwarzen Locken die Showtreppe hinab und keiner kann sich dieser androgynen Person mit so viel Sexappeal entziehen. Nicht nur musikalisch beherrscht mit seiner kraftvollen Stimme Dominik Hees die Szene und macht damit dem legendären Tim Curry echte Konkurrenz. Er spielt überzeugend den skrupellosen Menschenverführer, der seinen Jüngern die Alternativen des Lebens mit sex, drugs and rock´n´roll aufzeigen will und dabei auch vor Mord nicht zurückschreckt. Gottähnlich erschafft er Rocky, dargestellt von Sebastian Smulders als sein Sex-Spielzeug und lässt ihn in einer goldenen Kugel einschweben. Dass sich seine Gefährten Riff Raff, furchterregend gespielt von Marlon Wehmeier, und Margenta am Schluss gegen ihn wenden, ist die logische Konsequenz. Zum Finale versammelt Frank nach einer großen Party im Drogenrausch seine Gefährten in Abendmahl-Pose – eine von vielen szenischen Metaphern, mit denen Wiggers die biblischen Dimensionen dieser Science-Fiction-Geschichte freilegt. Optisch ist die Aufführung durch die Kostüme von Christoph Weyers eine Augenweide. Viele Kostüme sind von der Gothic-Szene, ein bisschen Horror, Science Fiction und sehr viel Sex inspiriert. Und sein gigantisches Bühnenbild mit dem bespielbaren Riesenportal und dem riesigen aufblasbaren Schloss, das am Ende in sich zusammenfällt und den Blick auf den Dom freigibt ist mehr als nur ein Effekt.

Das Ensemble singt und tanzt hinreißend. Danny Castello und Leah Allen als Dance Captains haben das gesamte Ensemble für die Wiederaufnahme bestens vorbereitet, wobei das Ballett Magdeburg sich besonders attraktiv in Szene setzt. Und wie ein 40 Jahre alter Rock´n´Roll-Song heutig und ganz modern mit Bass, Bass-Drum, Gitarre im E-Sound, Saxophon, Synthesizer und Klavier klingt, zeigen Sebastian De Domenico und sein Ensemble mit perfektem Sound.

Trotz öffentlicher Diskussion über Für und Wider der Nutzung des Domplatzes für solcherart Open Air: Der Ansturm auf die Karten für die diesjährige Aufführungsserie von The Rocky Horror Show ist enorm. Die Begeisterung des Publikums spricht Bände. Ein gutes Omen für 2016. Dann gibt es mit dem Musical Hair ein weiteres Sommer-Highlight.

Herbert Henning







Fotos: Nilz Böhme