Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

TURANDOT
(Giacomo Puccini)
1. September 2015
(Gastspiel)

Festival Ljubljana, Cankar-Center


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Opulenz, Statik und starke Stimmen

Riesige rote Tore mit Nägeln vor einer grauen Mauer. Dann wieder steil aufsteigende, reich verzierte Treppen, bunte herabhängende Fahnen, ungemein farbenprächtige, kostbar wirkende, traditionelle Kostüme, ein goldener Thron in der Mitte vor einem riesigen goldenen Wandteppich und das alles umrahmt von groß angelegten Aufmärsche: So opulent kann man derzeit Turandot von Giacomo Puccini im Cankar-Center beim Ljubljana-Festival erleben. Es ist eine etwas altertümlich wirkende Opulenz und eine Üppigkeit, die fast jener der Opernfestspiele in Verona nahe kommt. Klotzen nicht kleckern, scheint das Motto der Chinesischen Nationaloper Peking bei ihrem mehrtägigen Gastspiel in der slowenischen Hauptstadt zu sein.

Leider lassen die kaum vorhandene Personenführung wie auch die vorherrschende Statik einen direkten Vergleich mit der Arena di Verona zu. Denn außer Auf- und Abmärschen wie auch Auftritten und Abgängen und geometrisch angeordneten Arrangements ist dem Regisseur Wang Huquan nicht viel eingefallen. Da wird meist herumgestanden und geschritten, und man übt sich in abgestandenen Operngesten. Lediglich bei der Folterung der Liù, ihrem Selbstmord, wie auch dem Abschiednehmen von Timur von ihr kommen so etwas wie nachvollziehbare Gefühle auf. In magisches, violettes Licht ist die Szene mit dem Mondchor getaucht. Bedrohlich wirkt die kalte Mauer mit den grauen Ziegeln, die durchscheinbar zu Beginn einen Blick in ein rötliches Verlies des Schreckens und den Henker erlaubt, worüber Turandot erstmalig erscheint. Die Ausstattung der Szene stammt von Ma Lianqing.
Dafür kann man sich ganz auf die Stimmen der Sänger, die alle aus dem eigenen Haus kommen, konzentrieren, und diese sind von enormer Durchschlagskraft: So singt Wang Wei hochdramatisch mit Riesenstimme, ohne Höhenprobleme und packend die stolze, kalte Prinzessin mit ihren tödlichen Rätseln. Li Shuang ist ein kleiner, recht stämmiger Kaláf mit einem in der Tiefe etwas nasal klingenden, in den höheren Lagen kraftvollen, weichen, schmelzigen Tenor. Yao Hong ist zwar eine im Forte sehr vibratoreiche Liù, deren feine Piani aber von makelloser Schönheit und Innigkeit sind. Tian Hao ist ein Timur, der zur Larmoyanz neigt. Geng Zhe singt Ping mit warmem Bariton, gut sind auch Li Xiang als Pang und Liu Yiran als Pong, die insgesamt aber durchaus markanter singen könnten. Wang Haimin singt den alten Kaiser Altoum mit schon viel zu brüchiger Stimme. Mit reichem Tremolo klingt Zhang Peng als Mandarin. Hervorzuheben ist auch der durchschlagkräftige Chor der Chinesischen Nationaloper, einstudiert von Cheng Ping, der überwiegend mit dem Orchester im Einklang ist.

Puccinis Partitur setzt monumentale Anforderungen an den groß besetzten Orchesterapparat. Der künstlerische Leiter und Dirigent Yu Feng weiß bei den gut disponierten Musikern der Chinesischen Nationaloper Peking trotz der manchmal recht flott gewählten Tempi einen süffigen Klang zu entfachen, diesen jedoch auch so zu dosieren, dass eine sängerfreundliche Balance zwischen den Protagonisten und dem Orchester entsteht. Es kommen auch das feinnervige Raffinement wie auch die subtilen, exotisch-koloristischen Klangwirkungen immer wieder recht gut zur Geltung. Manches hätte man sich jedoch akzentreicher und packender gewünscht. Auch klingen die vielen offenbar originalen, chinesischen Perkussionsinstrumente sehr exotisch und für unsere Ohren recht ungewohnt.

Das Publikum im nahezu vollen Cankar-Center ist restlos begeistert: Donnernder Applaus, viele Bravi und letztlich stehende Ovationen für die Protagonisten und das Leading Team.

Helmut Christian Mayer

 

Fotos: Mediaspeed.net