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Fakten zur Aufführung 

CARMEN
(Georges Bizet)
19. März 2015
(Premiere)

Slowenisches Nationaltheater Ljubljana


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Ohne emotionale Siedehitze

Eigentlich sollten die Zuschauer von der emotional siedenden Hitze der finalen, letal endenden Szene von Georges Bizets Carmen wenn schon nicht erschüttert, so zumindest mitgerissen werden. Wenn der völlig außer Tritt geratene Don José verzweifelt versucht, seine geliebte Titelheldin nochmals für sich zurückzugewinnen und sie dann bei Erkennen der Aussichtslosigkeit ersticht. Dass das im Slowenischen Nationaltheater Ljubljana nicht einmal ansatzweise der Fall ist, liegt einerseits sicher an der zwar durchaus soliden, völlig traditionell klassischen Inszenierung von Pamela Howard, die die Personen ziemlich unverbindlich, ja, völlig harmlos und ohne zugespitzte Gefühle agieren lässt und sich mit schön gestalteten Arrangements in mehr oder minder geschmackvollen, folkloristischen Kostümen zufrieden gibt. Auch ein minimalistisch eingesetztes Ballett, dessen eher einfallslose Choreographie von Berta Vallribera stammt, kann dieses Manko nicht ausgleichen. Es entstehen zwar durch raffiniert eingesetztes Licht doch einige beeindruckende Bilder, wie etwa im wunderbar und subtil musizierten Zwischenspiel vor dem dritten Akt mit einem bemalten, durchscheinenden Zwischenvorhang vor einer blau eingefärbten, angedeuteten Felslandschaft – die britische Regisseurin zeichnet auch für die gesamte Ausstattung verantwortlich – mit einer Madonna-Figur im Vordergrund. Aber diese können den statischen, wenig ideenreichen Gesamteindruck der Inszenierung nicht aufmöbeln.

Dass die gewünschte Emotionalität weiters nicht so richtig zündet, liegt aber auch ganz besonders in der Figur des Don José. Dieser wird wieder einmal vom Branko Robinšak gestaltet, der nie ein großer Schauspieler war und schon Jahrzehnte am Laibacher Opernhaus singt. Aber wie er diesmal emotional beinahe völlig unbeteiligt nicht-agiert, ist einfach nur noch schlimm. Dabei könnte er stimmlich mit zwar ziemlich eindimensionalen, aber doch etlich schönen Tönen und stark gestemmter, aber durchaus noch ungefährdeter Höhe beeindrucken.

Und dabei steht ihm mit Elena Drobavec eine durchaus erotische wirkende und agierende Carmen gegenüber, die über einen wunderbar dunkel gefärbten, kraftvoll mitreißenden und dramatisch fokussierten Mezzo verfügt. Martina Zadro weiß zwar zu berühren, ist aber keine mädchenhafte Micaela mehr. Zudem übertreibt sie immer wieder bei den Forte-Stellen mit extremer Lautstärke. Jože Vidic ist ein präsenter, markanter Escamillo. Während die vielen kleineren Rollen weniger beeindrucken und teilweise Intonationsprobleme haben, kann der Chor und Kinderchor des Hauses, der von Željka Ulčnik Remic beinahe perfekt einstudiert wurde, mit Stimmkraft und Klangschönheit punkten.

Die Produktion hat aber musikalisch noch weitere Meriten: Denn abgesehen von wenigen Spannungsabfällen und einigen Unfeinheiten, versprüht das Orchester des Hauses unter Jaroslav Kyzlink viel Feuer und sinnliche Leidenschaft.

Dem Publikum im Opernhaus der slowenischen Hauptstadt hat es jedenfalls gefallen: Es spendet reichen Beifall und einige bravi.

Helmut Christian Mayer

Fotos: Darja Stravš Tisu