Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

TOSCA
(Giacomo Puccini)
26. Februar 2015
(Premiere am 12. September 2014)

Landestheater Linz


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Bilder stärker als die Musik

Die goldene Rückenwand des Kirchenraums öffnet sich zu einem riesigem, schrägen Kreuz und gibt den Blick auf rauchumwehte, weißgewandete Priester und Nonnen frei. Von oben schweben weiße Engel herab. Davor halten sich Ministranten mit Kerzen und Kirchenbesucher auf. Ganz vorne am Bühnenrand steht provokant und herausfordernd Scarpia mit weitausgebreiteten Armen: Nicht nur beim Te Deum zum Finale des ersten Aktes imponiert Giacomo Puccinis Tosca am Linzer Landestheaters im neuen Musiktheater am Volksgarten mit großer Bildmacht.

Auch im zweiten Akt, wenn im Bühnenbild oberhalb des Zimmers des sadistischen römischen Polizeichefs eine zweite Ebene eingezogen wird und man die Folterszene des Cavaradossi live miterleben kann, und im letzten Akt mit dem kolossalen, stilisierten Engelsflügel von der Engelsburg vor blauem Hintergrund hat Stefan Brandmayr Beeindruckendes auf die Bühne gewuchtet. Vor diesem wird Cavaradossi spektakulär erschossen. Und vom Flügel selbst springt dann Tosca, zumindest ihr Double, nachdem sie ihn auf der Flucht von den Häschern bestiegen hat, in selbstmörderischer Absicht spektakulär in die Tiefe.

Ganz so spektakulär wie diese Schlüsselszenen ist die Inszenierung von Rainer Mennicken aber nicht immer. Der scheidende Intendant des Hauses lässt die Geschichte in der Zeit der napoleonischen Kriege, wo sie hingehört, spielen. In stilisierten, historischen Kostümen von Cornelia Kraske erzählt er den Plot klar, mit vielen Details und einigen neuen Ideen. Wenn etwa Cavaradossi auf seine Hinrichtung wartet, ziehen Figuren und Stationen seines Lebens an ihm vorüber. Manche dieser Ideen sind zwar voll packend brutalem Realismus, so wird der Mord an Scarpia durch Tosca sehr drastisch gezeigt, wobei sie ihm auch mehrmals in die Genitalien sticht, aber manches hätte vielleicht doch noch etwas aufgeladener sein können. Die zwingendsten Momente gelingen ihm dabei im zweiten Akt.

Im musikalischen Bereich weiß das Haus mit Sonja Gornik eine kraftvolle, leidenschaftliche Titelheldin aufzubieten und mit Pedro Velázquez Díaz einen sehr kleinwüchsigen Cavaradossi, dessen ausgesprochen schöner, etwas kleiner Tenor über viel Schmelz und mühelose Höhen verfügt, und der das „Vittoria!“ strahlend schmettern kann. Tuomas Pursio wird als geiler Psychopath gezeigt. Er ist ein Scarpia zum Fürchten, der aber in der Höhe immer wieder forcieren muss und  dem es zudem an baritonaler Eleganz fehlt. Ulf Bunde ist ein passabler Angelotti. Von überdurchschnittlicher Qualität erlebt man auch die vielen kleineren Rollen, wobei ausdrücklich Franz Binder als witziger Mesner zu erwähnen sei und den Chor des Hauses, den Georg Leopold einstudiert hat und der klanggewaltig im Te Deum auftrumpfen darf.

Weniger spektakulär ist auch, was aus dem Graben hören ist. Zwar ist das Bruckner-Orchester Linz bestens disponiert und klingt auch prächtig. Aber der am Pult stehende Daniel Linton-France schafft es mit seinem braven Dirigat, das in erster Linie darauf zielt, alles perfekt zusammenzuhalten, nicht ausreichend zu gestalten. Es fehlen die zündenden Funken und die Hochspannung. So bleibt vieles zu wenig ausgereizt und zu wenig geschärft, wofür auch die teils extrem breit gewählten Tempi beitragen.

Während der Aufführung reagiert das Publikum noch sehr zurückhaltend, es gibt nur wenig Szenenapplaus. Erst zum finalen Vorhang braust dieser mehr auf und lässt auch einige bravi hören.

Helmut Christian Mayer

 







Fotos: Patrick Pfeiffer