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Fakten zur Aufführung 

VIOLET KID
(Hofesh Schechters)
TUPLET
(Alexander Ekman)
NECESSITY, AGAIN
(Jo Strømgren)
21. Mai 2014
(Gastspiel)

Forum Leverkusen


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Bewegung zwischen Strenge und Ausgelassenheit

In den zehn Jahren seines Bestehens hat sich das Cedar Lake Contemporary Ballet zu einer der innovativsten Tanzgruppen New Yorks entwickelt. Das dreiteilige Programm, mit dem die Company jetzt im vollbesetzten Leverkusener Forum gastiert, vermittelt einen plastischen Eindruck von der stilistischen Vielfalt des Ensembles, das Einflüsse des „klassischen“ amerikanischen Modern Dance und der europäischen Tanzszene zu eigenwilligen Kreationen verschmilzt. So unterschiedlich die drei Arbeiten ausfallen, gemein ist ihnen eine ebenso spontane wie disziplinierte Freude an kraftvollen, von starken Rhythmen motivierten Bewegungen, oft durchsetzt mit verspielt ironisierenden Einlagen. So abstrakt die Stücke angelegt sind, so plastisch erschließen sich aus den Abläufen Annäherungen an die konkrete Wirklichkeit.

Mit Violet Kid, einer Choreografie des israelischen Star-Choreografen Hofesh Shechters beginnt der Abend in einem unheimlichen Halbdunkel, akustisch von elektronischen Klängen gestützt, die wie der Pulsschlag eines imaginären Körpers wirken. Den stellen die 16 Tänzer und Tänzerinnen in unterschiedlichen Konstellationen dar. Mit ungebrochener Energie formen sich die Tänzer über eine halbe Stunde lang zu skurrilen Organismen, um dann in Kleingruppen zu zerfallen, wo sie wie grotesk verbogene Fantasie-Tiere über die Bühne kriechen. Das alles geschieht auf hohem tänzerischem Niveau und einer dynamischen Schubkraft, die die Aufmerksamkeit trotz der eingedunkelten Kulisse bis zum Ende frisch hält.

Noch virtuoser, scheinbar leichtfüßiger und mit einem dicken Schalk im Nacken geht es in Tuplet des schwedischen Choreografen Alexander Ekman zu, in dem sechs Tänzer und Tänzerinnen nebeneinander auf einer Gymnastikmatte nach akustischen Befehlen aus der Klangküche des schwedischen Jazzers und Soundmixers Mikael Karlsson die bizarrsten Bewegungsabläufe wie ferngesteuerte Marionetten ausführen. Elektronische oder real gesprochene Befehle, die mit elektrisierender Wucht auf die Tänzer einschlagen, die mit traumwandlerischer Sicherheit und einem unerschöpflichen Reservoir an Bewegungsvarianten reagieren.

Einen nostalgischen Hauch verbreitet die Stimme von Charles Aznavour in dem letzten Stück des Abends, Necessity, Again aus der Choreografen-Feder des Norwegers Jo Strømgren. Eine Arbeit, die die Vitalität der amerikanischen Tanzszene bis hin zu Broadway-Anleihen auf dem Niveau der West Side Story aufgreift und dabei anrührend melancholische Schatten wirft. Das liegt einerseits sowohl an den Chansons Aznavours als auch an den Entwicklungen der vielen Mini-Szenen, die in episodenhafte Beziehungs-Sketche mit offenem Ausgang münden. Wunderschön eine Liebesszene auf einem Tisch, der sensibel und fantasievoll in die Handlung einbezogen wird und einen poetischen Höhepunkt des Werks markiert.

Neben dem Tisch dient ein Packen bedruckten Büropapiers als einzige Requisite. Das Papier findet als Konfettiregen wie in einer turbulenten Show-Szene Verwendung und dient am Schluss auch als Accessoire der schlichten Kostüme.

Das Leverkusener Publikum reagiert begeistert auf die originellen Botschaften aus der Neuen Welt.

Pedro Obiera

 

Fotos: Paula Lobo, Christopher Dugen, Julieta Cervantes