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Fakten zur Aufführung 

VIRTUES
(Amy Hall Garner)
WE
(Robert Battle)
RUSTY
(Benoit-Swan Pouffer)
REVELATIONS
(Alvin Ailey)
13. Januar 2015
(Einmaliges Gastspiel)

Forum Leverkusen


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Die Legende feiert

Er ist längst eine Legende: Alvin Ailey widmete sein Leben dem Tanz. Aufgewachsen in Texas, begann er mit zwölf Jahren, das war 1943, seine Tanzausbildung in Los Angeles. Mit 22 übernahm er nach dessen Tod die Compagnie seines Lehrers Lester Horton, ehe er fünf Jahre später seine eigene Compagnie gründete, die überwiegend aus Afroamerikanern bestand. Mittels öffentlicher Förderung bestritt das Alvin Ailey American Dance Theater zahlreiche internationale Tourneen und sorgte damit für die Verbreitung des Modern Dance. 1989 starb Ailey in Manhattan, New York, aber sein Werk lebt bis heute weiter.

Heute kümmert sich das Alvin Ailey Dance Theater in New York um die Ausbildung von Tänzern auf jeder Ebene. Ableger dieser Institution ist Ailey II, eine Compagnie unter der künstlerischen Leitung von Troy Powell, die als transition company funktioniert. Hier werden junge Tänzer am Beginn ihrer Karriere gefördert. Für die Dauer von zwei bis drei Jahren können sie sich fortbilden und Berufspraxis sammeln. Jetzt ist auch Ailey II auf Welttournee. Nach einer ersten Aufführung in Bonn präsentiert sich the next generation of dance im Leverkusener Forum, ehe die Compagnie zum letzten Mal in Deutschland am 17. Januar in Friedrichshafen auftritt.

Vor ausverkauftem Haus stellt sich also die überwiegend afroamerikanische Jugend einem fachkundigen Publikum mit vier Choreographien vor. Das Programm hat es in sich. „Amy Hall Garner gilt als eine der kreativsten, aufstrebenden Talente in der Tanzszene, mit einer Karriere, die vom Broadway Dance Center bis zum American Ballet Theatre reicht“, kündigt das Forum Virtues – Tugenden – an. Mit We zeigt Robert Battle, Künstlerischer Leiter der Haupt-Compagnie des Alvin Ailey Dance Theaters, die gereifte Beziehung eines Paares. Mit Rusty untersucht Benoit-Swan Pouffer die „Erfahrungen junger Künstler, die Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert sind, und die Beziehungen, die sie als Darsteller aufbauen“. Der Höhepunkt ist aber sicher die Choreographie von Alvin Ailey aus dem Jahr 1960. Revelations – Offenbarung – gilt als eines der wichtigsten Werke Aileys, wenn nicht als wichtigstes Werk überhaupt. In der Verbindung von afroamerikanischem Spiritual, Gospel und Blues wird nicht nur Tanz zur Musik – eine in Europa gerade erst wiederkehrende Tradition – gezeigt, sondern vor allem eine Hommage an den Choreografen Ailey.

Al Crawford und bei Revelations Nicola Cernovitch haben ein Lichtdesign geschaffen, dass das gesamte Programm in spannungsgeladenes, nicht aber verheimlichendes Licht setzt. Wenige Projektionen unterstreichen den Tanz wirkungsvoll. Die Musik kommt durchweg „vom Band“, ohne dass man hier ernsthaft den Live-Charakter vermisst. Die Professionalität der Amerikaner begeistert.

In Virtues vereinen die Tänzerinnen und Tänzer schwungvoll zeitgenössischen und Jazz Dance. Ein großartiger Auftakt. In dem sechsminütigen Stück We zeigen Shay Bland und David Adrian Freeland jr., dass es vieler Jahre Tanzerfahrung bedarf, um die Körperspannung bis zur Perfektion zu beherrschen. Was handwerklich fehlt, wird über den Ausdruck ausgeglichen. Bei Rusty steht die Gruppe im Vordergrund. Atemberaubende Konfigurationen sorgen immer wieder für Zwischenapplaus. Tatsächlich zum Höhepunkt gerät Revelations. Ob Pas de deux, ein grandioses Solo oder die Umsetzung von Rock my Soul in the Bosom of Abraham – Ailey II zeigt amerikanisches Tanztheater vom Feinsten.

Das findet auch das Publikum, das mit Begeisterungspfiffen, Johlen und stehenden Ovationen eine Compagnie verabschiedet, deren Leistung fast durchgängig überzeugt. Viele dieser Tänzerinnen und Tänzer, die heute Abend Alvin Ailey gefeiert haben, wird man sicher noch in großen Karrieren wiedersehen. Kompliment an das Forum Leverkusen, das sich auch an die Zukunft des Tanzes traut.

Michael S. Zerban

 

Fotos: Eduardo Patino