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Fakten zur Aufführung 

TAMERLANO
(Georg Friedrich Händel)
4. Mai 2014
(Einmaliges Gastspiel)

Oper Köln, Oper am Dom


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

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Sympathischer Tyrann

Erneut darf man in der Kölner Oper am Dom eine eher selten gespielte Barockoper einmalig erleben. Zwar wird Händels Tamerlano, ebenso wie Artaserse im März nur konzertant gegeben, kann dafür aber wieder mit namhaften Sängern locken. Auch ist das wieder keine Eigenleistung der Oper, sondern eine zugekaufte Produktion der österreichischen Firma Parnassus, deren Miteigentümer Max Emanuel Cencic ist.

Die Oper Tamerlano beruht auf der Geschichte um den tartarischen Heerführer Tamerlano und seinen Widersacher, den osmanischen Sultan Bajazet, aus dem 15. Jahrhundert. Um weiterer Schmach zu entgehen, tötet sich Bajazet. Erst nach dessen Selbstmord wird Tamerlano vom Tyrannen zum einsichtigen Herrscher. Um diesen Kern spinnt sich ein Intrigenspiel um Bajazets Tochter Asteria, die heimlich Tamerlanos Verbündeten Andronico liebt, die aber der eigentlich mit Irene verlobten Tamerlano zu heiraten verlangt. Das Ganze hat Händel in atemberaubend schöne Musik verpackt, in der sich wunderschöne Arien in rascher Folge abwechseln.

Das Orchester Il Pomo d‘oro wird vom erst 25-jährigen Maxim Emelyanychev geleitet, der trotz seines jugendlichen Aussehens bereits ein „alter Hase“ im Musikgeschäft ist. Das nötige Selbstbewusstsein bringt er jedenfalls mit, wenn er mit großer Geste auch die kleinen Nuancen der feinen Musik herauskitzelt und sich sowohl an halsbrecherische wie auch getragene Tempi heranwagt. Mit seinem Grinsen und jungenhaften Charme hat er am Ende des Abends das gesamte Publikum in der Tasche, das für ihn und das Orchester in Jubel ausbricht. Die Musiker des jungen Ensembles haben sich den Applaus mit ihrem differenzierten Spiel nach einigen anfänglichen Intonationsschwierigkeiten in den hohen Streichern mehr als verdient.

Die Sängerriege ist durch alle Stimmtypen hinweg überzeugend. Die beiden Countertenöre zeigen sehr schön verschiedene Farben dieses besonderen Fachs: Während Xavier Sabata mit voluminöser, volltönender Stimme als wankelmütiger Tamerlano mit seiner Paillettenweste um die Wette funkelt, kann Max Emanuel Cencic heute vor allem mit den leisen und weichen Tönen als Andronico begeistern. Ganz ernst in schwarz erlaubt er sich nur pinkfarbene Socken als Farbtupfer. Tenor Daniel Behle geht konzentriert an die Partie als Bajazet heran und formt so einen bedachten, stimmlich absolut zuverlässigen Herrscher, der sich auch nicht vor den innigen Momenten scheut. Sopranistin Sophie Karthäuser als seine Tochter Asteria trifft mit ihrer klaren und äußerst bewusst geführten Stimme den Nerv. Mezzosopranistin Ruxandra Donose kokettiert schelmisch mit dem Publikum und ihren Mitsängern und zeigt eine gekonnte Bewältigung der Koloraturen, einzig allein ihr Volumen kann sich nicht immer im trockenen Raum des Spielorts behaupten. Pavel Kudinov zeigt einen warmen und souveränen Bass: eine reine Wohltat für die Ohren. Etwas schleppt er zwar in den Koloraturen, aber das ist bei seiner Gesamtleistung durchaus zu verschmerzen.

Leider werden erneut keine Übertitel angeboten. Für die, die Italienisch nicht fließend beherrschen und wissen möchten, um was es geht, dürfen sich das Programmheft mit dem Libretto für stolze acht Euro zulegen. Da es aber zu dunkel zum Mitlesen ist: Lieber zurücklehnen und genießen. Die Sänger geben sich alle Mühe, ihren Auftritten auch ohne Szene Pfiff zu geben.

Am Ende ist das Publikum überzeugt: Obwohl der Zuschauerraum nicht zur Gänze gefüllt ist, gibt es viel Jubel und daraufhin noch eine Zugabe. Ein gelungener, kurzweiliger Abend, dessen wunderbare Musik noch lange nachklingt.

Miriam Rosenbohm

 

Fotos: Parnassus Arts Productions, Beetroot Design Group, Julian Laidig, Julien Mignot