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Fakten zur Aufführung 

DIE NACHTIGALL
(Igor Strawinsky)
10. Januar 2015
(Premiere)

Kinderoper Köln


Points of Honor                      

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Oper zum Anfassen für Groß und Klein

Maurice Ravel bekannte einmal sinngemäß, für Kinder nicht anders zu komponieren als für Erwachsene, nur „noch sensibler“. Auch wenn Igor Strawinskys Mini-Oper Die Nachtigall kein originäres Kinderstück ist, wirkt das Werk wie ein verfeinertes Surrogat seines zeitgleich entstandenen Märchen-Balletts Der Feuervogel. Das beherzigte in ihrer maßstäblichen Inszenierung die Deutsche Oper am Rhein vor zwei Jahren, und die Kölner Kinderoper zieht jetzt mit ihrer ersten Premiere im neuen Jahr ähnlich feinfühlig mit. Auch wenn in Düsseldorf und Duisburg das Werk in den großen Häusern mit erheblich größerem Aufwand faszinierten, hat die Produktion in der erheblich kleineren Rund-Arena des ehemaligen Kölner Pfandhauses ihre Meriten. Der größte Vorteil: Die Kinder liegen den Darstellern sozusagen „zu Füßen“, können interagieren und die Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes hautnah miterleben.

Die Geschichte nach Andersens berühmtem Märchen Des Kaisers Nachtigall ist bekannt: Die Nachtigall belebt mit ihrem Gesang den Wald, wovon der chinesische Kaiser erfährt, der sie in seinen Palast bringen lässt. Sehr zu seiner Freude und der der steifen Hofgesellschaft. Der Vogel fühlt sich aber gefangen und entflieht, woraufhin der Kaiser sterbenskrank wird. Die Nachtigall kehrt zurück und verspricht, ihm jede Nacht an seinem Bett zu singen.

Auch wenn Regisseurin Beka Savič auf nennenswerte Effekte verzichtet und auch Strawinskys Musik so sanft wie sonst nur selten bei ihm tönt, verfolgen die zum Teil sehr jungen Besucher die 50-minütige Vorstellung bis zum letzten Akt gespannt und aufmerksam. Ein Beweis, dass sich die liebevolle, detailgenaue Arbeit der szenischen und musikalischen Teams auszahlt.

Man bleibt dem chinesischen Milieu treu: In den aufwändigen Kostümen von Darinka Mihajlovic und dem schlichten, aber pointierten Bühnenbild von Céline Demars. Im Hintergrund eine schattenrisshafte, durchbrochene Waldlandschaft, die sich zum Thronsaal des Kaisers öffnen lässt. In der Mitte eine kleine, chinesisch angehauchte Brücke. Das ist alles, und das reicht vollauf. Lediglich die Nachtigall hätte man etwas auffälliger kostümieren dürfen, um sie als Vogel erkennen zu können. Zwar wird im Text wiederholt auf das schmucklose, unauffällige Federkleid des begnadeten Piepmatzes hingewiesen, der Verständlichkeit dient die Dramaturgen-Logik freilich nicht immer. Gespart hat man an ihrem geradezu kaiserlich kostbaren Gewand schließlich nicht.

Die Ausführung strahlt bis ins kleinste Detail liebevolle Sorgfalt aus. Das fein konstruierte Spielwerk der japanischen Gesandten ebenso wie die unheimliche, aber nicht einschüchternde Gestaltung der Todes-Allegorie. Und vor allem der Verzicht auf jeden vermeintlich kindgerechten Klamauk oder überzogene Klischees. Die Minister stellen sich zwar tolpatschig an, aber nicht mehr als Strawinsky mit seiner Musik ausdrückt. Man trifft den feinen Nerv Strawinskys stilsicher: in der Szene wie in der musikalischen Umsetzung. Der kleine Raum bringt die Sänger erst gar in Versuchung, Töne zu forcieren. Schade, dass trotzdem die Textverständlichkeit zu wünschen übrig lässt. Gleichwohl: Rainer Mühlbach hält das kleine Orchester zu einem zarten, farbig schillernden Spiel an. Dongmin Lee bewältigt die Koloraturen der Titelrolle mühe- und schwerelos, der Fischer ist mit dem lyrisch sanft singenden Taejun Sun ebenso prägnant besetzt wie die resolutere Köchin mit Justyna Samborska. Etwas blass bleibt Wolfgang Schwaiger als Kaiser, auch wenn er wie alle kleineren Rollen adäquat besetzt ist.

Wie fast immer in der Kölner Opernoper: empfehlenswert für die ganze Familie. Allerdings sollten die Kinder auf die Handlung vorbereitet werden.

Pedro Obiera

 

Fotos: Paul Leclaire