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Fakten zur Aufführung 

L'ELISIR D'AMORE
(Gaetano Donizetti)
22. Juni 2014
(Premiere)

Oper Köln, Oper am Dom


Points of Honor                      

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Aus der Klamottenkiste billiger Kalauer

Die unübertrefflich scheußlich-kitschige Madonnenfigur zum Auftakt sollte schon darauf einstimmen, dass kein Abend zu erwarten war, der Donizettis feinsinnige, lyrisch-zarte Buffa Der Liebestrank mit Samtpfoten verwöhnen dürfte. Die Heiligenfigur outet sich zwar wenig später als Werbepuppe für eine von Adina geleitete Firma, die mit Wunderwasser à la Lourdes ihr Geld verdient, während Nemorino derweil als Putzmann der unerreichbaren Chefin entgegen schmachtet. Wenn von Liebes- und Wundertränken die Rede ist wie in Donizettis Meisterwerk, überzeugt der Einfall jedoch durch seine Logik.

In seiner industriellen Nüchternheit kollidiert er in jedem Takt mit der bukolisch-sanften Musik. Um den Konflikt zu übertünchen, greift Regisseur Bernd Mottl tief in die Klamottenkiste billigster und dementsprechend aufdringlicher Kalauer. Dass ausgerechnet er, der in den Vorjahren mit sehenswerten Inszenierungen von Bartóks Herzog Blaubarts Burg und Monteverdis Rückkehr des Odysseus einige positive Akzente in Köln setzen konnte, mit einem verballhornten Liebestrank für einen denkbar miesen Abschluss der Kölner Opern-Saison sorgt, verwundert und verärgert gleichermaßen.

Die Gags aufzuzählen, ist kaum der Rede wert. Tuntige Soldaten, die sich bis auf die Unterhose entblättern, Dulcamaras Verkaufsveranstaltung als schrille Tele-Show, die Fabrikarbeiterinnen in hässlichen Kunststoff-Kitteln, die sich vornehmlich in acht engen, von formschönen Kloschüsseln verzierten Toilettenkabinen aufhalten: nichts als lautes szenisches Gepolter in geschmacklosem Ambiente, wofür der Mottl und Ausstatter Friedrich Eggert gleichermaßen verantwortlich zu machen sind.

Erst am Schluss, in dem sich die hinter der scheinbar harmlos-naiven Liebesgeschichte lauernden menschlichen Regungen und Erschütterungen auch nicht länger durch das plakativste Schmierentheater der Welt übertönen lassen, schaltet Mottl zurück und übt weise, aber auch fantasielose Zurückhaltung. Schwamm drüber.

Musikalisch setzt der Abend auch nicht überwältigend ein. Andreas Schüller am Pult des ordentlich aufspielenden Gürzenich-Orchesters hat Probleme, in Gang zu kommen. Der erste Akt verläuft reichlich zäh mit etlichen Verständigungsschwierigkeiten zwischen Chor und Orchester. Von der zart blühenden Musik Donizettis ist ebenso wenig zu hören wie von dem Rossinischen Brio der flotteren Teile. Zum Glück findet Schüller nach der Pause dann doch noch einen versöhnlichen Zugang zum Geist der Musik.

An der Besetzung ist im Wesentlichen nichts auszusetzen. Anna Palimina verfügt für die Adina über einen sehr hellen, leichten, fast noch soubrettenhaften Sopran, der genügend Jugendlichkeit ausstrahlt. Jeongki Cho, der koreanische Tenor, ist ein Gewächs des Opernstudios, gehört erst seit kurzem dem festen Ensemble an und darf als Einspringer für den erkrankten Javier Camarena seine erste große Partie stemmen. Ein kultivierter, etwas klein dimensionierter Tenor mit vorzüglichen Belcanto-Qualitäten und berechtigten Hoffnungen auf eine solide Karriere in lyrischen Gefilden. Die tiefen Stimmen sind mit Christopher Bolduc als Sergeant Belcore und Carlo Lepore als quacksalberndem Showstar Dulcamara rollendeckend besetzt. Allerdings müssen sich gerade die Herren der tiefen Stimm-Fraktion szenisch besonders arg zum Affen machen lassen.

Freundlicher Beifall, durchmischt mit einigen Bravos für die Sänger und ein paar Buh-Rufen für die verkorkste Regie. Noch mal: Schwamm drüber.

Pedro Obiera

 

Fotos: Paul Leclaire