Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

IM WEISSEN RÖSSL
(Ralf Benatzky)
15. Januar 2015
(Premiere)

Stadttheater Klagenfurt


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Schräges Feuerwerk

Da geht der Dirigent mit seinem Matrosenanzug schon vor Beginn Baden, indem er über eine Leiter in den See, es ist der Orchestergraben, springt. Da stakst der schöne Sigismund auch immer wieder mit einem rosarotem, neckisch kurzen Dirndlkleid und High Heels, die seine dünnen, langen Beinchen unterstreichen, als running gag herum. Da sieht man einen Kuhstall samt Kuhballett. Und da drängt sich eine muntere, bunte, Touristengruppe mit Duty-Free-Tüten samt Reiseführer, dessen Ausführungen sogar ins Japanische übersetzt werden, inklusive blondem Conchita Wurst-Verschnitt auf Sightseeing durch die Reihen des Publikums.

So schräg, schrill, frech, witzig, rasant und ohne Stillstand präsentiert sich Ralph Benatzkys Im weißen Rössl am Stadttheater Klagenfurt. So schräg wie das schiefe, rotkarierte Bühnenbild und die überzogenen Kostüme. Die Ausstattung stammt von Friedrich Eggert. Aron Stiehl will unterhalten und zeigt den drollig verklärten, ungemein populären Rückblick auf die scheinbar gute alte Zeit der Monarchie vor dem Weltkrieg im ländlichen, industriell unbefleckten Salzkammergut mit detail- und ideenreicher Situationskomik und im treffenden Plauderton so spaßhafter Figuren wie des typischen Deutschen und Österreichers mit den typischen Klischees des älplerischen Sommerfrischemilieus. Die Lustbarkeiten einer krachledernen, alltagsfernen Urlaubswelt, die nur harmlose Zwiste kennt, werden vom Regisseur treffend ausgespielt. Gagreich, überzogen, knapp an der Persiflage vorbeischrammend und mit vielen ironischen, aktualisierten Hakenschlägen, die alle den Zeitgeist treffen. Vielfach bleibt es beim simplen, manchmal auch billigen Ulk, manches wird zugunsten der schnellen Pointe geopfert, manches hätte mehr Charme vertragen, aber die Inszenierung ist immer unterhaltsam, nie fad und es gibt viel zu Lachen.

Dafür sorgt auch ein ungemein spielfreudiges, spritziges, wortdeutliches Ensemble, dessen Gesangsnummern ebenso wie jene des gut singenden Chores, der wieder von Günter Wallner tadellos einstudiert wurde, fast alle durch choreographiert sind. Die Choreographie stammt von Francisco und Javier Sanchez Martinez. Erwin Belakowitsch ist ein charmant verliebter, warmstimmiger Oberkellner Leopold. Christa Ratzenböck eine solide Rösslwirtin Josepha Vogelhuber, die darstellerisch noch rescher sein könnte. Tim Grobe gibt einen urkomischen, köstlich berlinernder Fabrikanten Wilhelm Giesecke. Er und Ralph Morgenstern als der schöne Sigismund Sülzheimer haben auch den Witz und die Lacher auf ihrer Seite. Marie Smolka ist eine quirlige Ottilie, Patrick Vogel ein smarter Rechtsanwalt Dr. Otto Siedler mit schönem Tenor. Der 83-jährige Harald Serafin, ehemaliger Intendant der Mörbischer Operettenspiele, tritt würdevoll als liebenswerter Kaiser Franz Joseph auf, ein Deus ex machina, der den hauptsächlichen Liebeskonflikt bereinigt. Maximilian Achatz gibt einen schrulligen Prof. Dr. Hinzelmann und Sandra Lipp ein gekonnt lispelndes Klärchen. Gregor Knop erfreut mit einem sehr frechen Piccolo.

Die gelungene Mischung aus Lustspiel, Schwank, Operette und Revue, deren Popularität ungebrochen ist. Auch wegen der launigen Musik mit den zahlreichen Ohrwürmern, die nicht nur von Benatzky stammt. Robert Stolz, Robert Gilbert, Bruno Granichstaedten und Hans Frankowski haben mitgewirkt, auch Eduard Künneke soll einige Chorpassagen beigesteuert haben. Nicht zuletzt gibt es einige zusätzliche Einlagen aus der Walküre, dem Freischütz und der Dreigroschenoper. Diese Mixtur wird vom teilweise auch in Tracht spielenden Kärntner Sinfonieorchester unter Mitsugu Hoshino, der nach der Pause in Lederhose dirigiert, schwungvoll und mit Verve musiziert.

Das auch zwischendurch extrem klatschfreudige Publikum, das beim Erscheinen des Kaisers aufstehen und dreimal Hoch schreien muss, ist begeistert und jubelt lang anhaltend.

Helmut Christian Mayer

Fotos: Karlheinz Fessl