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Fakten zur Aufführung 

COSÌ FAN TUTTE
(Wolfgang Amadeus Mozart)
17. September 2015
(Premiere)

Stadttheater Klagenfurt


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Subtile Verwirrungen der Gefühle

Der Mann und die Frau sind fast nackt. Es sind Adam und Eva. Zwischen ihnen steht eine Frau. Es ist Despina. Wie die Schlange gibt sie dem jungen Pärchen je eine Apfelhälfte: Mit diesem Bild beginnt und endet am Stadttheater Klagenfurt Wolfgang Amadeus Mozart Così fan tutte. Damit will Marco Štorman bei der heurigen Saisonpremiere offenbar die Zeitlosigkeit von Liebe, Verführung und Untreue zeigen, weil davon die Oper ja handelt. Dazwischen zeigt der deutsche Regisseur, der hier am Haus schon erfolgreich den Rosenkavalier wie auch den Opernzwilling Cavalleria rusticana/Bajazzo inszeniert hat, eine hohe „Liebesschule“ – La scuola degli amanti: so der Untertitel der Oper. Bei dieser fungieren  Despina und ganz besonders Don Alfonso, der mit seinem Outfit und seinem hohen Zylinder wie ein Conferencier oder Zirkusdirektor ausstaffiert ist, als beinahe omnipräsente Strippenzieher, die die Fäden auch gestisch immer wieder in der Hand haben und die Handlung vorantreiben. Er setzt dabei ganz auf die psychologisierende Kraft des Librettos von Lorenzo da Ponte und zeigt nahe am Heute keine bloße Liebeständelei, sondern eine subtile ideen- und detailreiche Regie, die ganz auf den Text und die Musik lauscht. Allerdings bleibt trotz des Auftritts von komisch-ältlichen Toga-Trägern mit Blumenkränzen manchmal etwas der Witz auf der Strecke. Zur Verwirrung trägt der Schluss bei, bei dem die Männer schon im beinahe gesamten zweiten Teil unverkleidet sind und entgegen dem Libretto ein Rollenwechsel, eine Rückverwandlung in ihr ursprüngliches Ich, gar nicht mehr stattfindet. Über den Schwebezustand zwischen Ironie und wahrem Gefühl zwischen Schein und Sein will uns der Regisseur offenbar bewusst im Unklaren lassen.

Nachdem die vier Liebenden vom neuen zum alten Partner hin und her getaumelt sind, fangen sie sich zum Schluss alle in einer gemeinsamen Umarmung auf. Die Verwirrung der Gefühle, das Labyrinth der Liebe ist perfekt und das grausame Wissen ist da, dass es nie wieder so sein wird, wie es einmal war.

Geschmackvoll, überwiegend in schwarz-weiß, teils bewusst überzogen sind die Kostüme von Sara Schwartz, lichtdurchflutet, hell und zeitlos ästhetisch, elegant und doch einfach ist die Szene, die von Frauke Löffel erdacht wurde, mit einer Blumenwiese und durchscheinenden Prospekten mit Blumenornamenten oder bunten Kugeln.

Wunderbar, homogen und ohne Schwachstellen kann man das Sängerensemble erleben: Golda Schultz, eben erst die Sophie im Salzburger Festspiel-Rosenkavalier, ist eine innige, fein phrasierende Fiordiligi mit wunderbaren Piani und reinsten Koloraturen. Anna Pennisi ist eine sängerisch exzellente Dorabella. Das neue Ensemblemitglied am Haus Elsa Benoit singt eine flexible, quirlige Despina. Matthew Newlin ist ein viel versprechender lyrischer Tenor Ferrando. Nikos Kotenidis verfügt als Guglielmo über einen wunderbar warmen Bariton. Marco Filippo Romano ist ein kraftvoller, kernig fokussierter Don Alfonso.

Alexander Soddy, der selbst das Hammerklavier bei den Rezitativen bedient, führt das Kärntner Sinfonieorchester, das dicht gedrängt im höher gefahrenen Graben sitzt, und den wenig beanspruchten, hauseigenen Chor – die Einstudierung besorgte Günther Wallner – bei der Ouvertüre sehr rasant, insgesamt aber immer sicher, pointiert, vital und duftig durch die Partitur.

Stehende Ovationen gibt es vom begeisterten Publikum.

Helmut Christian Mayer

 

Fotos: Aljoša Rebolj