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Fakten zur Aufführung 

Faust
(Charles Gounod)
9. Mai 2015
(Premiere)

Tiroler Landestheater


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Blutspur des Bösen

Blutig triefend sind die Hände von Faust nach Abschluss des Teufelspakts. Blutrot ist der gefundene Schmuck, den Marguerite anlegt, ebenso wie das Tuch, in dem das Neugeborene eingewickelt ist. Blutverschmiert sind die Uniformen, der aus dem Krieg zurückkehrenden Soldaten ebenso wie der Hals von Marguerite in der Todeszelle. Und natürlich ist der Dämon selbst anfänglich und zum Finale stilecht in blutigem Rot gekleidet mit diabolischem Spitzbart und Feder.

Eine regelrechte rote Blutspur des Bösen hinterlässt Urs Häberli am Tiroler Landestheater Innsbruck bei der Neuproduktion von Faust von Charles Gounod. Während des ersten Weltkriegs, in hellen, meist weißen Gewändern, die von Ursula Beutler stammen, vor schäbigen Jahrmarktsbuden, einer ruinösen Kirchenkulisse oder einem Gefängnis, das auch anfänglich Fausts Studierstube ist – das Bühnenbild stammt von Thomas Dörfler – zeigt der Regisseur eine konventionelle, aber insgesamt spannende, ausgefeilte und ideenreiche Inszenierung, die insbesondere die Gefühle der Personen offenlegt.

So werden die Todesszene des Valentin mit seiner Schwester wie auch das Finale zwischen dem Titelhelden und Marguerite zum großen Gefühlstheater. Packend und wie eine Schreckensvision des Faust ist die Szene der Walpurgisnacht, wo überdimensionale Puppen als Faust und Marguerite deren Geschichte nachspielen und deren Gesichter dann zu schrecklichen Totenköpfen mutieren. Aber es mangelt auch sonst nicht an Einfällen. Wenn etwa aus der Dachrinne Wein rinnt, wenn ein Dach beginnt zu brennen beginnt oder plötzlich Asche vom Himmel herabregnet. Zum Finale fährt der Dämon mittels Versenkung in die Hölle und an derselben Stelle taucht dann wieder Fausts alter, schäbiger Mantel auf.

Die Sängerriege ist durchwegs hervorragend. Diese überzeugen aber auch als Schauspieler. Eric Laporte ist ein Titelheld, wie man sich ihn nur wünschen kann: Ausgestattet mit einem strahlkräftigen Tenor, aber auch zu weichen Lyrismen fähig, mit herrlicher Phrasierungskunst und mühelosen Höhen. Hege Gustava Tjonn ist eine dunkeltimbrierte, trotzdem mädchenhafte Marguerite mit glasklarem Sopran, mit Leichtigkeit bei den Koloraturen. Manchmal gerät ihre Stimme jedoch bei den Fortissimo-Stellen an ihre Grenzen. Shavleg Armasi ist ein eleganter Méphistophélés mit Pelzkragen. Er singt den Teufel mit weicher Noblesse und teils etwas zu zurückhaltender Dämonie und etwas zu wenig Zynismus. Daniel Raschinsky ist ein kleinstimmiger Valentin, aber mit edlem, schönem Bariton ausgestattet, Katharina Göres ein ungemein jugendlicher, sympathischer und feiner Siébel. Diana Selma Krauss singt die wie eine Küsterin gezeichnete Marthe mit schönem Material. Jannis Dervenis ist ein solider Wagner.

Nur anfänglich neigt der an sich schönstimmige Chor und Extrachor des Hauses, der von Michel Roberge einstudiert wurde, zum Schleppen, sodass ihn der Dirigent immer wieder einfangen muss.

Das Tiroler Symphonie Orchester Innsbruck unter dem jungen, stets animierenden Clemens Schuldt versprüht bei teils sehr breiten Tempi viel sensibles, farbiges und durchsichtiges, französisches Parfüm. Mit einer starken Dosis an Leidenschaft und markanten Akzenten wird sehr ausgefeilt mit vielen sensiblen Piani und Zwischentönen musiziert. Dabei können auch die Stimmführer, insbesondere etwa die Klarinettistin bei ihren vielen Soli brillieren.

Das Publikum im bei weitem nicht ausverkauften Haus jubelt und spendet widerspruchslos viel Applaus.

Helmut Christian Mayer

Fotos: Rupert Larl