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Fakten zur Aufführung 

ALMIRA
(Georg Friedrich Händel)
16. August 2014
(Premiere am 12. August 2014)

Innsbrucker Festspiele für Alte Musik, Tiroler Landestheater


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Zeitreise in den Tiroler Alpen

Almira ist Händels erste Oper und erstdatiertes Werk. Die Innsbrucker Festwochen für Alte Musik präsentieren eine schwungvolle Interpretation auf Originalinstrumenten.

1685 sind die diesjährigen Festwochen der alten Musik in Innsbruck tituliert. In diesem für die Musikgeschichte bedeutenden Jahr sind die großen Barockkomponisten Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel und Domenico Scarlatti geboren. Diese Komponisten und deren Schaffen stehen im Mittelpunkt der traditionsreichen Festspiele in der Tiroler Hauptstadt, insbesondere die letzten beiden in deren Bedeutung für die Entwicklung der Kunstgattung Oper.

Mit 19 Jahren schuf Georg Friedrich Händel seine erste Oper Almira im Auftrag des Gänsemarkttheaters in Hamburg. Der damalige Opernkapellmeister Reinhard Keiser war selbst ein bedeutender Opernkomponist und sein Theater in Hamburg eines der bedeutendsten in Deutschland. Der Stoff der Oper ist anspruchsvoll, wandelt auf einem Grat zwischen Ernst, Tragik und Komik und wurde bereits mehrmals von Italienern vertont. Deren Werken wollte man in Hamburg etwas Großes für das von Adel und Bürgertum geprägte Publikum gegenüberstellen. Händel schuf ein Werk nach dem Konstruktionsprinzip des galanten Romans. In gereihten Episoden mit verblüffend offener Darstellung derAmouren wird die Handlung erzählt, durchsetzt mit Balletten, italienisch gesungenen Arien und deutschsprachigen Rezitativen sowie instrumentalen Überleitungen. Eindrucksvoll gelingen dem jungen Händel die Charakterisierung der Personen und eine effektvolle musikalische Dramaturgie. Sein selten gespieltes Frühwerk besitzt aber die Wurzel eines seiner bekanntesten Stücke, die Arie Lascia ch'io pianga –  Lasst mich mein hartes Schicksal beweinen aus der Oper Rinaldo in Form einer Orchestersarabande. Die Arie selbst wird ergänzend geschickt als stimmungsmachender Ohrwurm in der Inszenierung in Innsbruck eingebaut.

Die Geschichte beschreibt kurz gefasst die Irrungen und Wirrungen von drei Liebespaaren, die glücklich zusammenfinden. Die Titelfigur Almira ist die castilianische Königstochter, die gekrönt werden soll, aber testamentarisch einen Sohn ihres Vormundes Consalvo heiraten soll. Sie liebt aber den Diener Fernando, der am Ende als verlorener Sohn Consalvos identifiziert wird. Aber es steckt auch die Zeichnung der menschlichen Gier nach Macht und Geld in dem Werk, die auch die reine Liebe vergessen lässt. Zur Auflockerung und Unterhaltung des Publikums, aber auch zur lehrreichen Untermauerung wurden drei gute Geister, Götter in Menschengestalt oder hilfreiche Engel, in die Handlung integriert. Die Regisseurin dieser gemeinsam mit der Hamburgischen Staatsoper produzierten Inszenierung ist die Holländerin Jetske Mijnssen. Sie lässt die Handlung fließend in vier Zeiten spielen, eingangs in der Entstehungszeit, dem Barock, dann in der Zeit um 1910, die bereits vom moralischen Untergang gezeichnet ist, um nochmal in die Zeit von Shakespeare und Elizabeth I zurückzukehren, bevor das Happy End in der Jetztzeit stattfindet. Möglich wird das durch die Drehbühne, auf die Ben Bauer das Bühnenbild baut. Er ist auch für die farbenfrohen Kostüme verantwortlich. Mijnssen will damit den Gemütszustand von Almira zwischen Pflicht und Liebe sowie höfischen Intrigen darstellen. Das zu verfolgen ist nicht immer einfach. Die klare Melodienführung Händels, seine schwungvolle Musik, die enge Verbindung von Gesang und Orchester halten aber die Spannung. 

Im Gegensatz zur Aufführung in Hamburg wird in Innsbruck mit Originalinstrumenten aus der Zeit mit kleinem Barockensemble unter Leitung von Alessandro de Marchi gespielt. Der warme, ab und an unbeholfene Klang gibt Intimität, schmeichelt dem barocken Gesang und lässt den Zweigesang von Stimme und Orchester zusammenfließen. Eingangs noch behäbig, gewinnt das Dirigat an Fahrt und Fluss.

Gesanglich bilden Klara Ek als Almira und Viktor Rud als Fernando ein Liebespaar. Beiden fehlt es an weicher, leichtklingender Modulation in der Höhe, sie nutzen aber die Flexibilität ihrer Stimmen als dramaturgisches Element. Melissa Petit ist die vermeintliche Gegenspielerin Edilia, die zuletzt mit Florian Spiess als Raymondo zusammenfindet. Ihrer beider Leistung ist gelungen, frische, feine junge Stimmen. Zuletzt erobert stimmlich sauber und feinfühlig Bellante, hier Rebecca Jo Loeb, den irrenden und intrigierenden Osman, ausgeführt von Manuel Günther.

Viel Beifall vom Publikum am Ende für eine gelungene, aufgefrischte, moderne Inszenierung dieses Jugendwerkes des großen Komponisten.

Helmut Pitsch

Fotos: Rupert Larl