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Fakten zur Aufführung 

LA TRAVIATA
(Giuseppe Verdi)
12. Oktober 2014
(Premiere)

Theater Heidelberg

Points of Honor                      

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Verwirrende Gefühle

Einfach ist es sicher nicht, einer Repertoire-Oper wie Verdis La Traviata neue Seiten abzugewinnen. Diesem Dilemma kann auch Regisseurin Eva-Maria Höckmayr zur Eröffnung der Opernsaison am Heidelberger Theater nicht ausweichen. Denn ihre Inszenierung schöpft das eigene Potenzial nicht aus, was schade ist. Denn die Ansätze sind vielversprechend. Höckmayr lässt Alfredo gewissermaßen als seinen eigenen Regisseur die Szene permanent begleiten und darstellerisch kommentieren. Auch werden die Figuren in ihrer Doppelbödigkeit gespiegelt, wenn etwa Violetta sowohl im attraktiv-roten Ballkleid als auch im fahlen Unterkleid der Verarmung und des Todeslagers – hier ein multifunktionales Recamier – parallel auftaucht. So werden die Gefühle des Alfredo zusätzlich verwirrt. Auch Vater Giorgio Germont wird in seiner Doppelnatur gezeigt; während er irgendetwas von Gott, Familie und Ehre gegenüber der in die Enge getriebenen Violetta schwafelt, zeigt sich im Hintergrund ein Familiendespot, der alle unterdrückt.

Allerdings werden diese Gedanken sehr strapaziert, auch das ewige Auf und Ab des Hubbodens und die Bühne-auf-der-Bühne-Manier mit Vorhang auf und zu scheinen sich im Verlauf des Abends zu erschöpfen, zumal die Fest-Szenen in Bild und Bewegungsablauf im allzu Gewohnten stehen bleiben. Was deshalb schade ist, weil – wie gesagt – die Vielschichtigkeit der Personen doch zumindest ansatzweise freigelegt wird. Julia Rösler verantwortet Bild und Ausstattung, mit einer intelligenten Lichtführung von Ralf Kabrhel.

Musiziert wird bemerkenswert gut. Der sehr junge Lahav Shani, sein Stern ging vor einem Jahr in Bamberg beim Mahler-Dirigierwettbewerb und als Dudamel-Einspringer auf, führt die Heidelberger Philharmoniker und die Sänger einschließlich großem Chor sehr sicher. Einige plakative Akzente passen, auch die sensibel aufgestellte Ouvertüre gibt einen guten Takt für den Abend vor. Was noch fehlt, ist bei diesem Debüt sicherlich die Verlässlichkeit der Emotion.

Was auch für Rinnat Moriah als Violetta Valéry gilt. Sie spielt sich sehr gut durch den Premierenabend, aber sie „ist“ noch nicht diese beseelte, tragisch endende Lebedame. Gesanglich lässt sie ihren dramatischen Koloratursopran mit unbedingter Sicherheit leuchten. Das macht sie ausgezeichnet, auch wenn ein letzter Rest an Tiefe und Spannung noch ausbaufähig ist. Der unentschlossene, auf der Selbstsuche stolpernde Alfredo wird vom gastierenden Belcanto-Tenor Jesus Garcia überzeugend und mit einigen attraktiven Passagen abgeliefert, den zwiespältigen Vater Giorgio verkörpert James Homann mit gut geführtem Kavalierbariton. Die kleineren Partien sind hauseigen gut und angemessen besetzt, der Chor unter seiner neuen Leiterin Anna Töller agiert stabil und wirkungsvoll.

Fazit: Kann man hingehen, das Publikum hat die Produktion entsprechend gewürdigt.

Eckhard Britsch

 



Fotos: Annemone Taake