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Fakten zur Aufführung 

IN MEINER NACHT
(Mark-Anthony Turnage; Christian Jost; Arnold Schönberg)
15. Oktober 2014
(Premiere)

Theater Heidelberg

Points of Honor                      

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Tod den Männern

Die Experimentierbühne namens Zwinger, in Sichtweite zum Gefängnis, hat was. Talente oder auch gestandene Künstler, egal ob Sprechbühne oder Musiktheater, können sich austoben und ihre ästhetischen Ansprüche erproben. Eine feine Sache, die soeben bei der Koppelung von drei Einaktern gut funktioniert.

In der Mitte ein drehbarer Kubus, durchbrochen und mit Spiegelelementen versehen; darin ein Bett. Pflanzen umranken diesen Pavillon. Doch der wird zum Gefängnis und wirft die Protagonistinnen zurück auf ihr gequältes Seelenleben. Kammersängerin Carolyn Frank lebt das exemplarisch aus in Twice through the Heart von Mark-Anthony Turnage nach einer wahren Geschichte. Eine Frau hat ihren Mann erstochen, der sie jahrelang misshandelte. Doch die Tat gerinnt nicht zur Befreiung, sondern schmerzvolle Erinnerungen werden zu Angst getriebenen Exaltationen sowohl musikalisch als auch darstellerisch. Ganz in weiß ist die Altistin die Idealbesetzung für dieses anspruchsvolle, monodramatische Kammerspiel, das eine verstörende Innenschau zelebriert. „Ich sitze in der Falle“, heißt es an einer Stelle.

Auch Arnold Schönberg hat in seiner 1909 geschriebenen Erwartung eine Frau auf die Suche nach ihrer verlorenen Mitte geschickt, denn der Geliebte ist ihr abhanden gekommen. Die expressive Musik klingt unverbraucht, zumal die Sopranistin Hye-Sung Na, in Heidelberg seit Jahren unverzichtbar, deren weit gespannte Verästelungen exzessiv aussingt. Doch der damalige Text von Marie Pappenheim ist an verquaster Symbolik kaum zu übertreffen. Na ja, im fahlen Mondlicht im Wald umher zu irren, hat wenigstens zu inspirierter Musik verholfen. „Nun küss' ich mich an Dir zu Tode“, Frauenliebe kann wohl bis zum Irrsinn reichen.

Der Dritte im Bunde ist Christian Jost, dessen Oper Rumor im Frühjahr in Heidelberg Punkte sammeln konnte. Sein Stück Death Knocks nach Woody Allen erzählt eine recht lustige Geschichte, wie der Tod – kokett, verspielt und unnachgiebig fordernd zeichnet Mezzosopranistin Amélie Saadia diese Figur – vom Kleiderfabrikanten Nat, hier jugendlich-frisch Zachary Wilson, per Kartenspiel ausgetrickst wird. Immerhin einen Tag Aufschub luchst er der ansehnlichen Tod-Frau per Kartenspiel ab. Die Musik irrlichtert entsprechend zwischen Absurdität und Ernst.

Gad Kadosh am Pult steuert das Heidelberger Orchester in Ensemblestärke genau durch die vielschichtigen Anforderungen. Regisseurin Clara Kalus und die Ausstatterinnen Pia Dederichs und Lena Schmid machen den Abend zum ansprechenden Erlebnis. Entsprechend der Beifall.

Eckhard Britsch

 



Fotos: Annemone Taake