Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

GEORGE
(Elena Kats-Chernin)
26. September 2014
(Premiere am 25. September 2014)

Theater für Niedersachsen in Kooperation mit den Niedersächsischen Musiktagen und den Kunstfestspielen Herrenhausen, Orangerie Herrenhausen


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Der doppelte George

300 Jahre Personalunion zwischen Hannover und Großbritannien waren der Anlass für die Oper George. Das Theater für Niedersachsen (TfN) brachte die Produktion von Danya Segal in Kooperation mit den Niedersächsischen Musiktagen und den Kunstfestspielen Herrenhausen heraus. Bei dem Operntitel denken viele verständlicherweise an King George, also Georg I., Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg und König von Großbritannien. In dieser Oper steht sogar noch ein anderer Georg im Vordergrund. Es ist der Komponist Georg Friedrich Händel, dem das Publikum in der Uraufführung begegnet. Eine pfiffige Idee der australischen Komponistin Elena Kats-Chernin, die die Oper zusammen mit dem Librettist und Regisseur, dem Filmemacher Axel Ranisch, erschaffen hat. Georg Friedrich Händel komponierte in der Tat am Hof in Hannover für Georg I. und blieb auch im fernen England sein Lieblingskomponist. Von ihm bekam der schwer erkrankte Händel den Auftrag zu einem Bühnenwerk. Weil sein Lieblingssänger Sino – hier wird auf den berühmten Kastraten Senesino referiert – ihn enttäuscht, reist er nach Italien, um neue Sänger zu engagieren. Leider ohne Erfolg. Die halb reale, halb fiktive Oper thematisiert neben dem Hauptstrang auch viele Nebenstränge. So wird der Händel in jungen Jahren am Klavier spielend gezeigt, während sein Vater gruselige anatomische Versuche an halbtoten Menschen durchführt. Zudem wird die vermutete Homosexualität Händels thematisiert, sein Schlaganfall, seine Hinwendung zu Gott. Der Sänger-Wettstreit in Italien wird als Casting-Show inszeniert. Eine Idee, die sich mit den Jahren einfach abgenutzt hat, auch sind die jungen Sängerinnen und Sänger stimmlich hier weniger überzeugend. Da kann George, der oft von der durch eine Treppe verbundenen oberen Bühne, gemütlich auf einem Sofa sitzend, herabschaut, sich nur wundern. Steffen Lebjedzinski hat das Bühnenbild recht schlicht gehalten, bei der Casting-Show beispielsweise befinden sich im Vordergrund nur Tische und Stühle. Mehr braucht es halt nicht, um Kunst zu produzieren und präsentieren.

Kostümbildner Alfred Mayerhofer lässt King George in weiten, weißen Gewändern, die von einem blauen und roten Umhang umgeben sind, auftreten. Schlichter, mit Hemd und Anzug, ist der Komponist bekleidet. Das originellste Kostüm trägt Finella, das übermenschliche Gesangswunder. Ganz in silber ist sie gekleidet, mit einem Kleid, Schläuchen über den Armen, einem Gitter um den Kopf und glitzernden Plateauschuhen. Genauso gibt sie sich auch: Sie kommt aus dem Nichts und singt einfach.

Und wie! Eleanor Lyons ist ein wahres Stimmwunder, mit bezauberndem, fesselndem und in den Spitzentönen absolut treffsicherem Sopran. Da ist es nicht verwunderlich, dass King George an ihr Gefallen findet. Jochen Kowalski gibt einen halb englisch, halb deutsch sprechenden König, der mit einer gehörigen Portion Arroganz auftritt – die aber auch etwas parodistisch-skurril anmutet. Dem Countertenor wird aber auch ganz schnell einmal heiß, wenn der Sänger Sino in höchsten Höhen sing. Jochen Kowalski verleiht der Rolle mit seiner feinen, dennoch kraftvollen Stimme viel Ausdruck. Dem Komponisten, der von Heiko Pinkowski gegeben wird, wird lediglich eine Sprechrolle zuteil. Er präsentiert Georg Friedrich Händel als einen liebenden, enttäuschten und auch zerrissenen Mann, der noch nicht zu sich gefunden hat. Sein Lieblingskastrat Sino wird von Denis Lakey gespielt. Mit seinem silbrig-klaren Countertenor verzaubert er die beiden Georges. Er überzeugt vor allem durch seine maßlose Enttäuschung, als ihm die Stimme beim Vorsingen versagt. In den weiteren Rollen geben sich Levente György als Georges Vater und Leibarzt des Herzogs von Halle, Uwe Tobias Hieronimi als Georges Assistent Smith, Jasmin Hörner als Fraticella und Christina Baader als Caruzzi, beide Sängerinnen am Hofe des britischen Königs, sehr souverän.

Musikalisch kann das Werk absolut überzeugen. Es ist eine Mischung aus ganz verschiedenen Stilen, von Popmusik aus der Castingshow über Barockmusik bis hin zu Einflüssen der Neuen Musik kommt alles in diesem Klanggebilde vor. Werner Seitzer setzt die Musik gekonnt um.

Das Publikum zeigt sich von der Inszenierung absolut begeistert, besonders die Sänger dürfen sich über viel Applaus freuen.

Agnes Beckmann