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Fakten zur Aufführung 

FRIEDRICH - DAS MUSICAL
(Dennis Martin/Marc Schubring)
21. August 2014
(Premiere)

Theater Hameln


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Sanssouci – niemals

Ungewohnt volksnah, jovial und aufgeräumt mischen sich Friedrich, die hübsche Wilhelmine, eine Hofdame und vermutlich ein alter Dessauer vor Beginn der Aufführung unters Volk und begrüßen die reichlich angerückte Lokalprominenz. Tatsächlich, einige davon beherrschen ihn noch – den formvollendet hin gehauchten Handkuss gegenüber der Dame – fast wie bei Hofe.

Auf der Bühne geht es dann zwar immer noch formell-steif zu, tatsächlich aber wird mit harten Bandagen gekämpft, offen und verdeckt, mit dem Säbel oder in Intrigen. Es geht um den missratenen Sohn, die Thronfolge, die Macht über Österreich, die schöne Schwester, den Nebenbuhler, reichlich Stoff für eine dramatische Bearbeitung. Die muss in einem Musical, zumal bei der vieldeutigen Figur Friedrichs II. nicht historisch exakt sein, hier reichen bühnenträchtige Ausschnitte. Und so bedient sich die Produktion des Alten Fritz, der gealtert, verbittert und von Alterskrankheiten gebeugt, im kaltweißen Spot über sein bisheriges Leben nachdenkt – Ausgangspunkt für zahlreiche Rückblenden, mit denen Regisseur Holger Hauer die Komplexität des Friedrich dramaturgisch geschickt in den Blick nimmt. In insgesamt 20 Szenen zeichnet er ein Bild dieses Preußenkönigs, das hinreichend differenziert ist und Friedrich als durchaus zwiespältige Figur präsentiert. Friedrich II, Sohn Friedrichs I, Gründer des Königreichs Preußen, tritt in drei Lebensphasen auf: als junger, ungestümer und ungehorsamer Prinz, als selbstbewusster und erfolgsgewohnter König und als gebeugter, verbitterter König, der Alte Fritz. Die heftigen Vater-Sohn-Konflikte, die Amouren der jungen Schwester Wilhelmine und schließlich der polternde Friedrich selbst bieten zahlreiche Anlässe für die unterhaltsamen Akzente dieser Aufführung. Die opulente Ausstattung der Personen unterstützt den Eindruck des amüsiersüchtigen Hoflebens in Preußen wie mehr noch am Hofe des Sachsenkönigs August des Starken.

Musikalisch gelingt diese Umsetzung in unterhaltsame Töne leider kaum. Dennis Martin und Marc Schubring servieren einen recht langweiligen Musical-Universalsound mit wenig originellen Einfällen. Da bleibt bis zum Schluss kein Song, gar ein Ohrwurm in Erinnerung. Zudem sind die Bässe unangenehm und grundlos völlig übersteuert. Die durchweg guten Stimmen der Hauptfiguren können das ein wenig auffangen. Die helle Musicalstimme von Tobias Bieri in der Rolle des jungen Friedrich passt bestens zu diesem Wuschelkopf, der sich im zweiten Teil zu noch mehr Ausdruckskraft steigert. Eine sichere, starke Partie gibt Klaus Dam als aktiv-erwachsener Friedrich mit baritonal tragender Stimme. Chris Murrays Darstellung des Alten Fritz leidet unter häufigen Überspielungen, die den alten Preußenkönig – gewollt oder ungewollt – zur Karikatur machen. So zeichnet Murray den König auch stimmlich überzogen. Ein besonderer Lichtblick des Abends ist musikalisch wie darstellerisch Sabrina Weckerlin als Schwester Wilhelmine. Ihr gelingt in hoher Sopranlage eine starke, emotional überzeugende Präsentation der Wilhelmine. Ihr Wunschpartner von Katte, Leutnant in des Königs Kürassierregiment, vom Vater später zum Tode verurteilt, wird von Maximilian Mann zurückhaltend, aber überzeugend gespielt.

Die Statisterie übernimmt auch die Chorpartien, denen der Glanz fehlt. Die Musik einer Band kommt eingespielt aus dem Off und enthält wenig Originelles. Ute Carow greift in einen vollen Fundus und holt alles an Kostümen und Perücken heraus, was irgendwie zum Stück passt. Für die Bühnendekoration reichen zwei Treppenversatzstücke und zahlreiche Bildprojektionen, die den Bezug zum jeweiligen Spielort herstellen. Immer wieder richtet sich im Hintergrund schemenhaft und drohend die riesige Figur des Übervaters auf.

Am Schluss denkt ein einsam in seinem Sessel verkrochener, gebeugter Friedrich, in kaltes Toplicht getaucht, über sein Leben nach. Seinen Tod vor Augen, muss der vormalige Friedrich der Große erkennen , dass sein Lebenstraum von Sanssouci, von einem Leben ohne Sorgen nie in Erfüllung gehen wird.

Der Vorhang fällt nach einer Aufführung, in der trotz brav-regelmäßigen Beifalls nach jedem Song eine fröhlich-entspannte Musicalstimmung nicht aufkommt. Gleichwohl, das Publikum ist begeistert und bedankt sich stehend mit anhaltendem Beifall.

Horst Dichanz

Fotos: Spotlight