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Fakten zur Aufführung 

THE FAIRY QUEEN
(Henry Purcell)
23. Juni 2014
(Premiere am 21. Juni 2014)

Styriarte, Helmut-List-Halle, Graz


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Bunte, kontrastreiche Revue des Lebens

Eigentlich ist Henry Purcells The Fairy Queen aus 1692 ein Zwitter. Denn es ist ein Mix aus Schauspiel aus Shakespeares Sommernachtstraum und musikalischen Masques, die jeweils am Ende der Akte als Zwischenspiele zur Unterhaltung eingefügt wurden, ohne Bezug zum Stück, ohne eigentliche Handlung und ohne ein Wort von Shakespeare. Die komplette Dauer betrug weit mehr als vier Stunden. Da der englische Barockkomponist auch Teile davon immer wieder nachkomponiert und verändert hat und es keine definitive Fassung dieses Werkes gibt, hat auch Nikolaus Harnoncourt aus den knapp 60 Nummern einiges gestrichen oder umgestellt und aus der ursprünglichen „Semi-Opera“ durch völliges Weglassen der Schauspieltexte jetzt eine vollwertige Oper geschaffen.

Sein Sohn Philipp Harnoncourt, der die Inszenierung dieses Werkes als Eröffnungsproduktion der diesjährigen Styriarte – des steirischen Festivals – übernommen hat, hat den fünf, sehr losen Teilen, die über Natur, Erotik, Liebe und vieles mehr handeln, eine Klammer in Form eines tanzenden Liebespärchens, das von Rita Sereinig und Max Niemeyer gekonnt getanzt wird, gegeben, das zwischen erster Verliebtheit und finaler Hochzeit im Reich der Feenköngin Titania die verschiedensten Natur- und Lebensbereiche durchwandern muss. Und um das Ganze aufzumotzen, schafft er vor einer von Türen und Fenstern zusammen gezimmerten Holzskulptur, die an eine Baumkrone erinnert, und am Boden liegenden, knorrigen Baumstämmen, eine bunte Figurenrevue der unterschiedlichsten Charaktere, die mit Gags unterfüttert werden: Zwar wirkt vieles immer wieder witzig, dann aber auch teils etwas lähmend, insgesamt recht unentschlossen und zudem schwer erschließbar.

Hochkarätig ist nicht nur der mit höchster Homogenität und feinem Fassettenreichtum singende, spielfreudige Schoenberg-Chor, für dessen Einstudierung Michal Kucharko verantwortlich zeichnet, wie ein Mittelding zwischen Hippie und Urmensch ausstaffiert, der auch vielfach dilettantisch tanzend zu erleben ist, sondern das Sängerensemble: Warmstimmig, beinahe herzzerreißend wie Dorothea Röschmann ihr langes Klagelied im letzten Akt vorträgt. Ihr fülliger Sopran kontrastiert ideal jenen leichten, ungemein flexiblen Sopran von Martina Janková, die alle heikle Koloraturen souverän bewältigt, und reine Lebensfreude verströmt. Herrlich sind der Tenor von Joshua Ellicott und der ansprechende Countertenor von Terry Wey. Florian Boesch singt mit profundem Bass und kann sein derbes Komödiantentum in den unterschiedlichsten Rollen, so als betrunkener Poet, aber auch als herum wirbelnder Elvis Presley-Verschnitt, unter Beweis stellen. Elisabeth von Magnus fällt mit ihren Intonationsproblemen und Unsauberheiten etwas ab.

„Der hat eine goldene Feder gehabt. Seine Musik ist wie eine Orchidee. Er gehört in die aller-, aller-, allererste Reihe der Komponisten“, Nikolaus Harnoncourt gerät regelrecht ins Schwärmen, wenn er über Henry Purcell spricht, denn man nicht umsonst „Orpheus britannicus“ nennt.

Und das merkt man sofort, vom ersten, elektrisierenden Ton von The Fairy Queen an: Es ist schier unglaublich, mit welcher, nie nachlassender Energie und mit welch fordernden Zeichen der 84-jährige Maestro in der Helmut-List-Halle in Graz seine Partitur umsetzt. Da wird vom fabelhaften Concentus Musicus, von der Bühne zentral umrahmt, mit Original-Instrumenten mit einer weiten, schillernden Palette an reichen Klangfarben, unbändigem, glühenden Ausdruck, vielen Details, da scheint keine Note beliebig zu sein, und einer Dynamik, die von duftig zarten Momenten bis hin zu schroffen und aufpeitschenden Ausbrüchen reicht, musiziert. Auch solistisch können die exzellenten Musiker überzeugen. Dem Ganzen können auch kleinere intonatorische Trübungen nichts anhaben.

Zum Schluss jubelt das Publikum uneingeschränkt begeistert.

Helmut Christian Mayer







Fotos: Werner Kmetitsch