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Fakten zur Aufführung 

STELLA DI NAPOLI
(Joyce DiDonato)
29. September 2014
(Einmaliges Konzert)

Philharmonie Essen


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Sternstunde am Montag

Was muss man tun, um am Montagabend einen Saal mit rund 1.900 Sitzplätzen unproblematisch nahezu komplett mit Menschen zu füllen? Nichts Besonderes. Man lädt Joyce DiDonato, Riccardo Minasi und das Orchester der Oper Lyon ein und verkauft anschließend die Eintrittskarten wie warme Semmeln.

Die Essener Philharmonie macht das so. Sängerin, Dirigent und Orchester folgen der Einladung gern. Schließlich gilt es, die neue CD zu promoten. Wir befinden uns also auf einer Verkaufsveranstaltung. Dementsprechend fein hat die DiDonato sich herausgeputzt. Nach Gioacchino Rossinis Sinfonia aus der Oper Elisabetta, Regina d’Inghilterra tritt sie in einem hautengen, schwarzen Kleid auf, rechtsärmelig bedeckt, links ist das Kleid an der Schulter von Glitzer begrenzt. Das Publikum ist euphorisch. Schon nach Ove t’aggiri o barbaro, einer Kabaletta der Stella aus der Oper Stella di Napoli werden die ersten brava-Rufe laut. Stella di Napoli – Stern von Neapel – ist der Titel der neuen CD der Mezzosopranistin, die damit der einstigen Opern-Metropole die Ehre erweist. DiDonato zeigt auch bei den folgenden drei Arien, was ihr am Belcanto besonders gefällt. Da wird rouliert, getrillert und spielerisch, aber glockenklar in der Höhe gesungen, was das Zeug hält. Grenzen findet die Schönheit des Gesangs im Volumen des Orchesters – oder besser: in der hervorragenden Akustik des Alfried-Krupp-Saals. Dirigent Minasi tritt gleich ohne Taktstock an und treibt das Orchester unter vollem Körpereinsatz zu Höchstleistungen. Wenn die Händen Girlanden formen, die Arme Tonleitern hinauf und hinab gleiten lassen, auch schon mal die rechte Faust in die Höhe fährt, wirkt das sehr italienisch und führt sicher mehr dazu, das Publikum zu enthusiasmieren als für korrekte Einsätze zu sorgen. Was so hübsch anzuschauen ist, bewirkt aber des Häufigeren, dass die Stimme unter Pauken und Trompeten schon mal untergeht.

Nach der Pause und der Sinfonia aus Bellinis Norma tritt die Sängerin, die sich in Essen sichtlich wohl fühlt, in einem schulterfreien, bordeauxfarbenen Lackkleid auf. Das Gebet der Giunia Se fino al cielo ascende aus der Oper La vestale von Saverio Mercadante präsentiert sie ebenso hinreißend wie die Arie der Amelia Par che mi dica ancor aus Gaetano Donizettis Elisabetta al castello di Kenilworth und die Schlussszene aus Giovanni Pacinis Saffo. Das Publikum steht Kopf. Die bravi reißen nicht ab, Fußgetrampel und Johlen sind aus allen Reihen zu hören. Joyce DiDonato bittet einen Moment um Ruhe, um sich für den herzlichen Empfang zu bedanken und auszuführen, was ihr an solchen Abenden so wichtig ist. Hier finde man im Kreise Gleichgesinnter Frieden und Ruhe, um den zunehmenden Schrecken dieser Welt etwas entgegen zu setzen. Erneuter Jubel, der DiDonato zu zwei spontanen Zugaben veranlasst. Endlich geht sie nach einem wunderbaren Abend unter stehenden Ovationen ab. Was sie besonders bewegt hat, verrät eine ältere Dame ihrer Begleiterin: „Wie schön, dass sie nicht die üblichen Opernschlager geträllert hat.“ Das Warten während des anschließenden Ansturms auf die Signierstunde wird sich für die Fans lohnen. Während an dem Abend die persönliche Begegnung im Vordergrund steht, können sie auf der CD – die auf der Medien-Seite in Opernnetz vorgestellt wird – noch mal ein technisch hervorragend ausbalanciertes Programm erleben.

Michael S. Zerban

Fotos: Sven Lorenz