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Fakten zur Aufführung 

FALSTAFF
(Giuseppe Verdi)
28. Juni 2014
(Premiere am 23. April 2005)

Aalto-Theater Essen


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Feierabend

Mit Falstaff hat Verdi wohl das schönste Schlusswort unter seine dramatische Opernkarriere gesetzt. Tutto nel monda è burla – alles ist Spaß auf Erden heißt es in der berühmten Schlussfuge. Auch das Aalto-Theater setzt Verdis einzige komische Oper an den Schluss der Saison und greift auf die Inszenierung von Dietrich Hilsdorf aus dem Jahr 2005 zurück. Carolin Steffen-Maaß hat die Wiederaufnahme einstudiert, doch ihr Schöpfer ist unverkennbar.

Wie immer gibt es unverkennbare Markenzeichen, die die Zusammenarbeit von Hilsdorf, Johannes Leiacker und Renate Schmitzer ausmachen. Der Hingucker kommt wie so oft von Leiacker. In seinem Bühnenbild prallen die sozialen Welten aufeinander. Bühnenbeherrschend von rechts der schmucke, strahlende Raum der Familie Ford mit langer Tafel und obligatorischen Kerzenleuchtern. Auf der linken Seite wird der Saal übergangslos zur schmuddeligen Taverne gebrochen, wo Falstaff haust. Er sitzt am anderen Ende der Tafel, vom Wohlstand träumend, in seinem Sessel. Auch Renate Schmitzer kennzeichnet mit ihren sehenswerten Kostümen die sozialen Abstände deutlich.

Allerdings: Wer Hilsdorf kennt, der weiß sehr schnell, wie die Oper bei ihm endet. Und tatsächlich stehen sich am Ende die beiden sozialen Schichten angriffslustig gegenüber. Wesentlich interessanter sind die kleinen Details, die Hilsdorf einbaut. Etwa dass beide „Orte“ bespielt werden, sogar ineinander übergreifen. So sieht man beispielsweise, wie in Falstaffs Kneipe friedlich gefeiert wird, während die Jagd auf ihn nebenan eröffnet wird. Was als privater Konflikt beginnt, weitet sich zur Hetzjagd aus, wenn der Opa mit der Schrotflinte im Rollstuhl über die Bühne geschoben wird und selbst ein Windhund nach Falstaff schnüffelt.
Der von Alexander Eberle einstudierte Essener Opernchor hat zwar sichtlich Spaß an seinen beiden kurzen Auftritten, absolviert sie aber stimmlich schon fast im Ferienmodus. Überhaupt ist in der Nachmittagsvorstellung, die die letzte der Saison 2014/2015 ist, zwar eine gute Stimmung, aber so ganz richtig kommt keiner mehr in Fahrt. Bei den Essener Philharmonikern merkt man das noch am wenigsten – vor allem in der Blechbläserabteilung ist Verdis Partitur richtig gut aufgehoben.

Gerard Quinn ist nur von seinem künstlichen Bauch her schwergewichtig. Seine Stimme könnte dagegen noch raumgreifender sein, ist aber in allen Lagen präsent und gewitzt. Heiko Trinsinger singt den Ford ganz routiniert herunter und wächst lediglich in seiner Eifersucht darüber hinaus. Karine Babajanyans Alice Ford klingt zuweilen etwas schwerfällig und müde – kein Wunder am letzten Tag einer anstrengenden Saison. Marie-Helen Joel bleibt als Meg Page vor allem stimmlich unauffällig. So bleiben die richtig guten Leistungen des Abends den kleineren Rollen vorbehalten: Bejubelt wird Ieva Prudnikovaite als darstellerisch und vokal erstklassige Miss Nell Quickly. Christina Clark ist die Inkarnation der Nanetta und hat mit Abdellah Lasri auch einen schönstimmigen Fenton an ihrer Seite. Der stimmliche Schlagabtausch, den sich Karel Martin Ludvik, Albrecht Kludszuweit und Rainer Maria Röhr liefern, hat es in sich und gehört zu dem genauesten, was man an diesem Nachmittag hört. Denn auch, wenn Ivan Repusic am Pult so aufmerksam wie möglich dirigiert, bleibt die Exaktheit doch etwas auf der Strecke. Zudem wird er der Finesse der Musik nur in der Dynamik von Forte und Piano gerecht, ansonsten fehlt der Interpretation einfach der Pepp.

Dem Publikum gefällt es trotzdem, und es taut nach etwas flauem Beginn immer weiter auf. Die Reaktionen werden lauter und lauter, und am Ende verabschiedet sich das Ensemble gut gelaunt in den Saison-Feierabend.

Christoph Broermann

 

Fotos: Karl Forster