Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

RONJA RÄUBERTOCHTER
(Jörn Arnecke)
28. Februar 2015
(Premiere am 26. Februar 2015)

Deutsche Oper am Rhein,
Theater Duisburg


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Triumph für die Bühnenbildnerin

Man kann Kinder im kleinen, intimen Rahmen an die Oper heranführen, so wie es die Kölner Kinderoper pflegt. Die Kinder sitzen hier auf Tuchfühlung mit den Darstellern und können sogar direkt eingreifen. Die Deutsche Oper am Rhein beschreitet seit fünf Jahren einen anderen Weg, indem sie aus vollen Rohren zeigt, was Oper sein kann. Dafür geizt sie an nichts mit dem Einsatz von Chor, Orchester, aufwändigen Bühnenbildern und Kostümen sowie Bühnenzauber in Perfektion. Das Ergebnis ist eine Erfolgsgeschichte mit Highlights wie Robin Hood, dem Gestiefelten Kater, Strawinskys Nachtigall, Ernst Tochs Prinzessin auf der Erbse und zuletzt dem Mädchen, das nicht schlafen wollte. Jetzt stemmt sie mit der Uraufführung von Jörn Arneckes Familienoper Ronja Räubertochter nach Astrid Lindgrens beliebtem Roman einen besonderen Kraftakt, der sich nur in Zusammenarbeit mit den Theatern von Bonn und Dortmund realisieren ließ. Diese Kooperation führte letztlich auch zur Einwilligung des Lindgren-Clans, den Bestseller überhaupt in eine Oper transformieren zu dürfen.

Vorbehalte gegen eine solche Adaption sind durchaus berechtigt. Der natürlich-spannende Erzählstil der Autorin kann durch eine Vertonung unangemessen dramatisiert oder sentimental aufgeladen werden. Eine Gefahr, der sich auch Arnecke nicht in jedem Takt entziehen kann. Dass aber viel von Lindgrens Kolorit und menschlicher Wärme bewahrt werden konnte, ist nicht zuletzt der Bühnen- und Kostümbildnerin Tatjana Ivschina zu verdanken, die mit ihren Arbeiten maßgeblich zum Erfolg aller bisherigen Produktionen der Kinderoper beigetragen hat. In Ronja Räubertochter übertrumpft sie sich selbst. Waldlandschaften wie aus einem Bilderbuch seliger Kindertage nehmen das Auge der jungen und junggebliebenen Zuschauer gefangen. Das sind nicht nur bühnenfüllende pittoreske Preziosen, die durch ihre Optik beeindrucken: Der Wald beginnt bei ihr zu leben. Er verändert sich im Laufe der Jahreszeiten und aus seinem Dickicht lösen sich ständig bizarre Gestalten wie Rumpelwichte, Wilddruden, Unterirdische und allerlei geheimnisvolles Getier. Schöner geht es kaum. Und nicht minder liebevoll gestaltet Tatjana Ivschina die zahlreichen Kostüme, an deren Vielfalt und Originalität man sich kaum sattsam sehen kann.

In diesem Ambiente, mit der starken Geschichte der Vorlage und einem quicklebendigen Ensemble hat Regisseur Johannes Schmid recht leichtes Spiel, die Kinder bei Laune zu halten. Die Kinder der immerhin zweistündigen und musikalisch nicht anspruchslosen Aufführung bis zum letzten Takt mit ungebrochener Aufmerksamkeit und Faszination. Schmid arbeitet an gruseliger Spannung, Humor, Action und sanfter Poesie heraus, was nur zu finden ist. Die Kinder fühlen die Furcht von Ronja und ihrem Freund Birk im unheimlichen Wald mit, lachen über die derben Scherze des Glatzen-Per und nehmen an seinem Tod Anteil.

Der Weimarer Komponist und Theorie-Professor Jörn Arnecke, Jahrgang 1973, unterstreicht mit seiner Musik die starke optische Sogwirkung des Stücks, indem er eine Partitur schuf, die vor allem die wechselnden Stimmungen unterstreicht. Dafür stellte er mit gemäßigt modernen Stilismen eine effektvolle filmmusikalische Klangkulisse her. Besonders überzeugend gelangen Teile, in denen quasi melodramatisch zur Musik gesprochen wurde. Die Singstimmen werden freilich erheblich hölzerner und artifizieller eingesetzt. Hier lassen sich das Genre Oper und die Erzählästhetik Lindgrens nicht zur Deckung bringen. Der Schaden ist allerdings gering, bringen die vielen Solisten doch auch in ihren Gesang jene Spiellaune und mitreißende Intensität ein, die die gesamte Produktion bestimmen. Das überwiegend sehr jung besetzte Ensemble agiert mit vollem Körpereinsatz. In der besuchten Vorstellung allen voran Maria Kataeva als putzmuntere Ronja und etwas zurückhaltender Anke Krabbe als Birk, die mit ihren stimmlichen Qualitäten und ihren mitreißenden Darstellungen die Schwächen der Partitur locker überspielen.

Für die Wilddrude wird niemand Geringere als Lisa Griffith eingesetzt, die die heiklen Koloraturen mühelos bewältigt. Stefan Wilkening erhält für seine pralle Vorstellung als Glatzen-Per besonderen Applaus. Lukas Beikircher entfaltet mit den Duisburger Philharmonikern die Leuchtkraft des Stücks makellos.

Die Kinder erweisen sich als denkbar aufmerksame und dankbare Besucher. Brausender Applaus belohnt die Leistungen aller Akteure und Mitwirkenden. Das Konzept der Rheinoper, ganz große Oper für die kleinen Besucher zu liefern, geht auch diesmal auf.

Pedro Obiera






Fotos: Hans-Jörg Michel