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Fakten zur Aufführung 

PROMETEO
(Luigi Nono)
11. September 2015
(Premiere am 10. September 2015)

Ruhrtriennale, Gebläsehalle Duisburg


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Entdeckungsreise Klang

Dichter Nebel umhüllt die Besucher am Einlass der Veranstaltung. Vorsichtig tastend in fragender Erwartung des Unbekannten, wagen sie sich weiter in die mächtige Industriehalle. Das ehemalige Kraftwerk der Stahlfabrik erscheint den Veranstaltern als ideales Umfeld, Promoteo, das Spätwerk des 1924 in Venedig geborenen Komponisten Luigi Nono, aufzuführen. Befremdung, neues Klang- und Hörbewusstsein war ihm ein Anliegen. Er wollte „keine Oper, keinen Regisseur, keinen Bühnenbildner“ sondern „eine neue Tragödien-Dramaturgie mit beweglichen Klängen, die den Raum lesen, entdecken, leeren und füllen“, wie er an den Dirigenten der Uraufführung, Claudio Abbado, schrieb. Das magische Hörerlebnis, Venedig im nächtlichen Nebel mit seinen hallenden Gängen, Wasserreflektionen und umnebelten Sinneserfahrungen, passt zu diesem sublimen Klanggebilde und war Vorbild für diese Kompositionsidee. Die Ortung, die Zuordnung und die Zusammensetzung des Klanges werden zum Rätsel, zur spannenden Erfahrung für das Publikum. Traditionelles Hörerlebnis wird neu gestaltet, das auch im Einsatz mit technischer Unterstützung. Vier Orchestergruppen des Ensemble Modern Orchestra sind in unterschiedlicher Besetzung im Raum verteilt, ebenso die Gesangssolisten der Schola Heidelberg. Dazu erfolgt die elektronische Live-Realisation durch das Experimentalstudio des Südwestrundfunks. Breit angelegt ist die Harmonik, die die Klanggebilde ohne Melodie bindet. Eine sphärische Monotonie wird bewusst zum Ausdruckselement und meditativ in der Wirkung. Auf dramatische Lautstärke wird verzichtet. Es ist die ständig schwebende, mit Verzerrung Kontur gewinnende Musik, die den beweglichen Klang erahnen lässt und den Raum und Ort wie einen Klangspeicher gesamthaft ausfüllt. Fragmentarisch inselhaft wirken die Textstellen ohne Inhalt und Handlung. Auch hier, wie in so vielen anspruchsvollen Aufführungen zeitgenössischer Musik, steht Ingo Metzmacher am Pult und schlägt akribisch den Takt, um die vielschichtigen Einsätze exakt zu sichern. Exotisch mutet der Einbezug eines zweiten Dirigenten. Matilde Hofmann steht Ingo Metzmacher gegenüber, und in feiner Abstimmung lassen sie die Hörtragödie entstehen. Dafür bekommen sie viel Applaus vom disziplinierten aufmerksamen Publikum, das sich mit auffallend viel Jugend zusammensetzt.

Helmut Pitsch

 

Fotos: Julian Röder