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Fakten zur Aufführung 

b.25
(Martin Schläpfer)
10. Oktober 2015
(Premiere)

Ballett am Rhein Düsseldorf
Duisburg, Oper Düsseldorf


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Tanz

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Klassisches in modernem Gewand

Die innovative Energie, mit der Martin Schläpfer das Ballett der Deutschen Oper am Rhein zu immer weiteren Höhenflügen motiviert, in allen Ehren. Es kann jedoch auch erholsam sein, wenn der hoch gelobte Choreograf die Bühne von Zeit zu Zeit kongenialen Kollegen überlässt, die sich in anderer Weise mit Traditionen des klassischen Balletts auseinandersetzen.

Mit Uraufführungen wie in seinem letzten Programm, b.24, kann Schläpfer in seiner neuesten Werkkopplung nicht dienen, dafür sind drei „Klassiker“ des modernen Tanztheaters aus so berufenen und prominenten Händen wie die von William Forsythe, Frederick Ashton und Hans van Manen zu erleben. Stücke, entstanden zwischen 1946 und 1999, die sich allesamt klassischer Bewegungsmuster bedienen, aber denkbar unterschiedlich mit ihnen verfahren.

Die Krone gebührt in b.25 zweifellos dem niederländischen Alt- und Großmeister Hans van Manen, dem sich Schläpfer besonders eng verbunden fühlt. Bereits zehn Ballette van Manens, darunter im letzten Jahr eine leibhaftige Uraufführung, zieren den Spielplan der Schläpfer-Truppe. Two Gold Variations, uraufgeführt 1999 in Den Haag, gehört zu den weniger bekannten Stücken des Choreografen und ist jetzt in Deutschland zum ersten Mal zu sehen.

Warum das fesselnde Werk bisher nicht die Zugkraft anderer Meisterwerke des Niederländers aufweisen konnte, ist angesichts der übersprudelnden Vitalität des Werks allenfalls in Hinblick auf die enorm hohen tänzerischen Anforderungen verständlich. Das Düsseldorfer Premieren-Publikum überschlägt sich geradezu vor Begeisterung. Ein Werk, bestimmt von abgeklärter Reife und ungebrochener Kreativität, durchzogen von feiner Ironie. Mit einem begrenzten, hoch konzentriert und differenziert ausgefeilten Bewegungsreservoir strahlt das für sieben Tanzpaare angelegte Stück gleichermaßen überlegene Ruhe und jugendliche Frische aus, wodurch sich die überragende Tanzcompagnie der Rheinoper zu einer über sich hinauswachsenden Leistung animieren lässt. Angeführt von Marlúcia de Amaral und Alexandre Simões mit ihren faszinierenden Pas de deux‘. Die originelle Musik des niederländischen Allrounders Jacob ter Veldhuis, darunter Teile aus einem Konzert für Schlagzeug und Orchester, scheint dabei die Tänzer, aber auch den Choreografen zu besonders raffiniert und präzis ausgeführten Bewegungsformationen zu motivieren. Trotz oder gerade auch wegen der auf 20 Minuten konzentrierten Kürze auf der gewohnt leeren Bühne von Keso Dekker zweifellos das Highlight des Abends.

Dagegen hat es William Forsythes etwa gleichaltriges, aber deutlich längeres und in ständiges Halbdunkel getauchtes Tanzstück Workwithinwork schwerer. Forsythe montiert klassische Bewegungsmuster zur kleingliedrigen Musik der Duette für zwei Violinen von Luciano Berio zu zersplitterten Miniaturen, die in sich isoliert wirken. Das ist zwar legitim, mutet auf Dauer freilich wie ein unverbindlicher Musterkatalog der Forsythschen Bewegungslehre an.

Und fast lupenrein „klassisch“ geht es in Frederick Ashtons Symphonic Variations aus dem Jahre 1946 zu, die ihr Alter nicht verbergen können. Für drei Tanzpaare, die Damen in zarte Kleidchen gewandet, zelebriert der englische Altmeister einen federleichten Dauerlauf auf Spitze. Anmutig, aber in dieser Form auch recht antiquiert. Dass sich der „Zuckergehalt“ in Grenzen hält, dafür sorgen die herb tönenden Symphonischen Variationen von César Franck, die die Düsseldorfer Symphoniker unter Leitung von Wen-Pin Chien zusammen mit der vorzüglichen Pianistin Cécile Tallec solide zu Gehör bringen. Richtig auftauen kann das Orchester dann zur Musik von Jacob ter Veldhuis mit den Schlagzeugern Kevin Anverwandt und Rafael Sars von den Duisburger Philharmonikern, die van Manens Werk beflügelt.

Rundum begeisterter Beifall für alle drei Stücke und Leistungen, der sich bei Hans van Manens Meisterwerk zu Ovationen steigert. Ein Abend, der mit seinem insgesamt heiter-schwebenden Aroma eine Erholungspause von Martin Schläpfers Schwergewichten bietet.

Pedro Obiera

 

Fotos: Gert Weigelt