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Fakten zur Aufführung 

L'ELISIR D'AMORE
(Gaetano Donizetti)
30. Januar 2015
(Premiere)

Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf


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Wenn „komische Oper“ zum Problem wird

Mit Gaetano Donizettis „komischen“ Opern tun wir uns schwer. Schwerer noch als mit den flotten Rennern von Rossini. Die letzte Kölner Inszenierung des Liebestranks strangulierte sich an ihrem eigenen Klamauk, und selbst Joan Anton Rechi, dem wir vorzügliche Rossini-Inszenierungen in Aachen und eine feinfühlige Csárdásfürstin an der Deutschen Oper am Rhein verdanken, kann mit seiner Düsseldorfer Neuproduktion nur bedingt Überzeugen. Der mögliche Grund: Eine „Buffa“ in krachlederndem Sinn ist der Liebestrank eben nicht. Die Liebesgeschichte um die reiche Adina und den vermeintlich armen Schlucker Nemorino ist musikalisch und dramaturgisch gewirkt wie eine mediterran entschlackte Version des Tristan, worauf das Libretto auch mehrfach hinweist.

Gefragt sind Sensibilität und ein Händchen für das leichte Florett statt eines derben Säbels. Im Grunde steht Donizetti den Opern Mozarts damit näher als denen Rossinis. Dieser Problematik ist sich Rechi durchaus bewusst, wie er im Programmheft ausführt. Das Ergebnis auf der Bühne fällt allerdings ernüchternd aus. Rechi versucht mit spürbarer Mühe, den lyrisch-sensiblen Ton des Stücks zu treffen, verfällt dabei aber wiederholt in blasse Sterilität. Um den Motor anzutreiben, greift er zu mehr oder meist weniger gelungenen Gags, die etliche Lacher, meist an der falschen Stelle, provozieren. Er passt die Handlung in eine Hochzeitsszenerie ein, in der die hochschwangere Giannetta ihren etwas dümmlichen Bräutigam zum Ehemann zu nehmen gedenkt. Ihre Geburtswehen durchziehen das Stück bis zur breit ausgeführten Geburt des kleinen Schreihalses. Nemorino wirkt hier als Kellner, Dulcamara als Barmixer, der Liebestränke aller Art kredenzt und Adina und Belcore treten als angesehenes Gastpaar auf.

Die Stimmung wird durch reichlich fließenden Alkohol angeheizt. So originell das Bühnenbild von Alfons Flores auch anmutet: Es verbreitet doch mehr distanzierte Kühle als eine mediterran heiter-wärmende Aura. Ein Baldachin aus unzähligen, einzeln aufgehängten Sektgläsern, der sich senken und variabel aufteilen lässt, assoziiert in unterschiedlichen Beleuchtungen zwar einen reizvollen Sternenhimmel, doch wird jeder romantische Hauch durch den hypermodern gestylten Hochzeitssaal durchkreuzt. Und die Zuspitzung auf die feucht-fröhlichen Seiten des Stücks versperrt den Blick auf die sinnlichen Komponenten. Die arbeiteten an gleicher Stelle vor sechs Jahren Regisseur András Fricsay und seine Bühnenbildnerin Tina Klitzing erheblich erotischer aus.

Immerhin animiert Lukas Beikircher die Düsseldorfer Symphoniker zu einem flexiblen, feinen und erfreulich präzisen Orchesterklang mit genügend lyrischem Schmelz und vorwärtsdrängendem Drive, ohne sich in aufgesetzter Hektik zu verlieren. Ein idealer Nährboden für das durchweg erstklassige Gesangsensemble. Anett Fritsch hat es mittlerweile zu Salzburger Festspiel-Ehren gebracht und überzeugt als Adina mit federleicht geführter, gleichwohl substanzreicher Stimme, der weder langgezogene Kantilenen noch kapriziöse Koloraturen Probleme bereiten. Ovidiu Purcel verfügt für den Nemorino über einen fast knabenhaft hellen Tenor mit runder Mittellage und mühelosen Höhen, so dass die Begeisterung für seinen ebenso emphatischen wie einfühlsamen Vortrag der Bravour-Arie Una furtiva lagrima durchaus berechtigt ist. Ein Riesentalent aus der erfolgreichen Kaderschmiede des Opernstudios der Deutschen Oper am Rhein.

Daher stammt auch Bogdan Baciu, ein Bariton mit mächtigem Organ auf dem Weg ins dramatische Fach. Dass er für den Belcore etwas gröbere Töne anschlägt als das Liebespaar, ist der Rolle durchaus angemessen. Günes Gürle hüpft als Barmixer alias Dulcamara wie ein Waldgeist über die Bühne. Stimmlich lässt er in Sachen Wohllaut keinen Wunsch offen, szenisch bleibt er jedoch erstaunlich unauffällig. Luiza Fatyol, wie ihre rumänischen Landsmänner Purcel und Baciu ein Gewächs des Opernstudios, empfiehlt sich in der kleinen, von Rechi stark aufgewerteten Partie der Giannetta als hoffnungsvolles Talent.

Nicht zu vergessen der voluminöse und darstellerisch agile Chor in der Einstudierung von Christoph Kurig. Begeisterter Beifall für ausnahmslos alle Beteiligten. Insgesamt ein zwiespältiges Vergnügen, das aber wegen der musikalischen Leistungen einen Besuch verdient.

Pedro Obiera





Fotos: Hans Jörg Michel