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Fakten zur Aufführung 

ARABELLA
(Richard Strauss)
24. Oktober 2015
(Premiere am 7. November 2014)

Semperoper Dresden


Points of Honor                      

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Zu wenig Einfälle für die Spitzenkräfte

Die Richard-Strauss-Tage 2015 gehen mit einer glanzvoll besetzten Arabella zu Ende, allen voran Anja Harteros als Einspringerin für die erkrankte Anne Schwanewillms. Bereits bei den Münchener Opernfestspielen wurde ihre Darstellung der selbstbewussten, höfisch koketten, aber bestens erzogenen Tochter aus gutem Haus gefeiert. In Dresden erlebt man eine neue Facette ihres schauspielerischen Talents. Locker und frei schwingt sie verliebt über die Bühne, amüsiert-pikiert wehrt sie die Liebesbeteuerungen der Freier ab, untertänig folgt sie dem Vater und letztlich unerfahren, vom Liebesgefühl überrollt, trifft sie auf den Mann, der es dann sein soll. Felsenfest und sicher sitzt ihre Stimme, glockengleich wechselt sie Stimmungsfarben, fein ziseliert sie die Spitzentöne und strahlend spannt sie weit ihre Klangbögen.

Wäre doch auch die Regie so strahlend. Florentine Klepper erzählt sehr holprig mit unverständlichen Regiesprüngen diese geschickt verpackte lyrische Wiener Gesellschaftskomödie. Der feine Witz und die pointierten Anspielungen werden teutonisch klobig übergangen. Der Fiaker-Ball wird zur verkappten Revue, die Personenregie zeichnet einzelne Charaktere, aber wenig Spiel dazwischen. Das Bühnenbild von Martina Segna kommt da näher an die Wiener Zeit um die Jahrhundertwende mit Jugendstil und Biedermeier. Die Frage nach der Notwendigkeit des Liftes, der dann doch nicht zu funktionieren scheint, muss offen bleiben.

Bo Skovhus hält sich vermutlich in der Zeichnung seiner Rolle als Mandryka an das glücklose Regiekonzept von Klepper. Der junge, reiche Edle aus der Walachei wird zum tölpelhaften, einfachen Landbuben gestempelt, unerfahren in der Liebe und mit dem Wiener Gesellschaftsleben. Wer Skovhus als Danilo in der Lustigen Witwe erlebt hat, weiß, dass in ihm mehr männliche Verführungskraft steckt. Diese kitzelt nicht die farblose Iride Martinez als Fiakermilli heraus, sondern eben die natürliche Anmut seiner Arabella. Das letztendlich geglückte Liebesbekenntnis und das symbolhaft überreichte Wasserglas lassen den Zuhörer in den letzten Minuten der Aufführung dahinschmelzen. Geschickt maßvoll in ihrem klanglichen Ausdruck gelingt Genia Kühmeier eine berührende Zdenka, die sowohl als Bub und Mädchen überzeugt. Benjamin Bernheimer hat einen klaren, breit angelegten, warmen Tenor, der über alle Lagen sicher gleitet, weniger Kraft oder Druck in der Stimme hätte hier auch gereicht. Janina Bächle lässt sich nach der Pause als mit Bronchitis indisponiert entschuldigen und bleibt zurückhaltend. Dafür bringt Kurt Rydl seine volle Wiener-Dialekt-Kenntnis zum Einsatz.

Bestens vorbereitet und wachsam geführt begleitet die Sächsische Staatskapelle Dresden unter ihrem GMD, dem anerkannten Strauss-Spezialisten Christian Thielemann. Gelingt der erste Akt noch holprig ohne Schwung, setzt zum Ball das Orchester zum Höhenflug an. Mit höchster Präzision in allen Instrumentengruppen wird jedes Detail hörbar, im munterem Spiel entstehen federweich der angezuckerte Walzerklang als auch dramatisch beklemmend die Auseinandersetzung über die betrogene Liebe und der verirrte Gesichtsverlust. Bis in die letzte Ecke erfüllt der Orchesterklang den Raum mit Strauss‘ Gefühlswallungen und vereint mit den klaren Stimmen wird das Publikum gepackt.

Das Publikum feiert die Gesangssolisten und den Dirigenten überschäumend.

Helmut Pitsch

 



Fotos: Matthias Creutziger