Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

AFRICAN ANGELS
(Cape Town Opera Chorus)
10. April 2015
(Gastspiel)

Konzerthaus Dortmund


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Engel im Ruhrgebiet

Bei ihren bisherigen Aufführungen vor europäischem Publikum brachte das größte Opernhaus Südafrikas, die Cape Town Opera, europäische Klassiker, Musical-Hits wie Porgy and Bess und eigene Produktionen wie die Mandela-Trilogie auf die Bühne und überraschte seine Besucher durch die musikalische Qualität, die Andersartigkeit der Inszenierungen und eine hier ungewohnte, offene Emotionalität. Auf der diesjährigen Tournee stellt die Cape Town Opera ein neues Konzept vor:  Jacki Job, die dieses Programm einrichtet,  streift mit einem Kern von 18 Sängerinnen und Sängern und einer sehr sparsamen Piano-Begleitung durch die internationale Operngeschichte, bringt afrikanische Lieder und Songs auf die Bühne und greift auf einige populäre afrikanisch-traditionelle Stücke zurück. Arrangeur und Pianist José Dias hat diese Stücke durchaus originell und für den kleinen Chor passend eingerichtet und begleitet den Chor mit viel Zurückhaltung am Piano. Die Sängerinnen und Sänger des Opernchores, die alle eine Musik- oder Gesangsausbildung absolviert haben, bringen ein erstaunliches Volumen, hervorragende Stimmen und viel Emotionalität auf die Bühne, die manchen deutschen Besucher angenehm überrascht. Auch die Lebendigkeit der Aufführung ist bei deutschen Inszenierungen eher ungewohnt, der Chor ist immer in Bewegung. Dazu gehört wohl die natürliche Freude an der Bewegung und rhythmischem Ausdruck, die einfach mitreißen. Sie bringen eine fröhliche Grundstimmung auf die Bühne und in den Saal, die bald zu den Zuhörern überspringt. Da stört es überhaupt nicht, wenn in einem Hallelujah-Medley Händels fromme Musikpassagen allmählich in ein tanzähnliches Hallelujah von Jones übergehen und beides in einem fröhlichen Kirchengesang endet, der sich allmählich in Tanzbewegungen verwandelt.

Das umfangreiche Programm enthält Klassiker wie Verdis Zigeunerchor oder Beethovens Mir ist so wunderbar, bringt das Spiritual The Battle of Jericho und andere Traditionals wie Thula Baba, undvergisst natürlich nicht die zahlreichen Gershwin-Lieder wie Summertime oder I got Rhythm. Auchdie bekannten Ohrwürmer der leichten Kategorie bis hin zu Miriam Makebas Pata Pata sind vorhanden – kein Zweifel, das Programm bietet leichtere Kost und soll gefallen. Auch das Arrangement und die Intonation dienen diesem Konzept, und so klingen über weite Strecken sehr gefällige, warme Harmonien und emotionsreiche Töne. Die Sängerinnen und Sänger sind einfach, aber effektvoll gekleidet, farbige Tücher und Farbakzente sorgen für einen Show-ähnlichen Auftritt des Chores, eine unauffällige Choreographie sorgt für ständige Bewegung auf der Bühne – eine heiter-romantische Konzert-Abendstimmung. Nur gelegentlich klingen oder blitzen Elemente auf, die Europäer als „afrikanisch“ empfinden und erwarten, etwa wenn gegen Schluss Busisiwe Ngejane mit heißer Stimme und einer wild geschlagenen Trommel auftritt und sich die schrillen, unnachahmlichen Trillertöne der Frauen mit der Musik mischen.

Die Cape Town Opera hat mit ihren Chorkonzerten ein neues Format gefunden, in dem es ihr gelingt, Opernklassiker wie den Prozessionschor, den Gefangenenchor oder die Osterhymne afrikanisch zu interpretieren. Gleichzeitig gelingt es Dias und dem Chor, mit ungewohnten Arrangements afrikanischen Traditionals opernhafte Züge zu verleihen. Selbst solche Ohrwürmer wie der Makeba-Song Pata Pata oder Gershwins I got plenty 0´nuttin klingen in einem neuen chorischen Gewand ungewohnt, doch authentisch. Wenn dann der Chor als Zugabe aus der Fledermaus das Champagnerlied anstimmt und es mit Schnalzlauten aus der Xhosa-Sprache garniert, gibt es für das Publikum kein Halten mehr, es applaudiert stehend, bis das Licht verlöscht.

Natürlich hat das neue Format der Chorkonzerte auch seine wirtschaftliche Seite. Es ist wohl viel einfacher, mit einer Gruppe von Sängerinnen und Sänger auf Tournee zu gehen als eine Opernaufführung von Cape Town nach Wiesbaden, München oder Dortmund zu transportieren. Wie viele andere Theater- und Konzerthäuser muss auch die Cape Town Opera jährlich um ihr Budget kämpfen, wenn sie die Preise nicht ins Utopische steigen lassen will. Ein Hinweis darauf ist die Ankündigung der Oper, bereits im Dezember mit zwölf weiteren Konzerten nach Deutschland und in die Schweiz zu kommen – die Konkurrenz schläft nicht.

Horst Dichanz

Fotos:
Lucienne van der Mijle (Nr. 1),
Kim Stevens