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Fakten zur Aufführung 

LIGHTS ON BROADWAY
(James Holmes)
28. Februar 2015
(Premiere)

Kurt-Weill-Fest 2015, Dessau


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

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Nach der Aufführung



Mit Rebecca Jo Loeb hat sich Horst Dichanz über ihre Liebe zur Weillschen Musik, über ihren Werdegang und die heutige Bedeutung von Kurt Weill in den USA, insbesondere bei den Opernbesuchern unterhalten (8'10).


 

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Lichter für Lotte auf dem Broadway

Es dauert nicht lange, bis es dem Publikum im kühlen Saal des Bauhauses warm wird und Stimmung aufkommt. Dazu genügen eine Mezzosopranistin und ein Musicalsänger bester Qualität, die, hoch professionell und von James Holmes perfekt eingestimmt und gefühlvoll begleitet, das Publikum auf eine musikalische Reise durch fünfzig Jahre Musical mitnehmen – eine unterhaltsame Reise mit vielen musikalischen und szenischen Überraschungen.

Rebecca Jo Loeb und Alen Hodzovic, beide Preisträger der Lotte-Lenya-Competition, sind erfahrene und bestens ausgerüstete Bühnenexperten. Im Anschluss an Weills Wouldn´t You like to be on broadway präsentieren die beiden bei ihrem Streifzug ein buntes Medley amerikanischer Broadwaysongs von Komponisten wie Sondheim, Berlin, Bernstein, Rodgers und anderen. Gern begegnen die Zuhörer so bekannten Ohrwürmern wie Something´s coming, Money makes the world go round  oder dem sehnsuchtsvollen Surabya Sant, und mancher Fuß oder Stuhl wippt bei dem Rhythmus mit. Loeb und Hodzovic sind in ihrem Element, ihre Freude an diesen Songs reißt mit und springt in den Saal über. Dass sich eine amerikanische Sängerin den Opern und Songs von Kurt Weill zuwendet, ist bemerkenswert. Loeb, inzwischen in vielen klassischen Opernrollen ebenso zu Hause wie im Musical, hat in der Weillschen Musik eine ihrer Leidenschaften entdeckt, die sie gern und gekonnt auf das Publikum überträgt. Die Sängerin verfügt nicht nur über eine weit spannende Mezzo-Stimme, die die dunkleren Farben ebenso beherrscht wie erstaunliche Höhen. Mindestens so bemerkenswert sind ihre darstellerischen Fähigkeiten. Ob die naive Country-Frau aus dem tiefen Oklahoma, die weltgewandte Diva, die einfach kommandiert, die Männer dressierende Lola oder der spitze Vamp, Rebecca Jo Loeb bringt sie alle. Da reicht ein anderer Blick, ein Fingerschnipsen, ein Zupfen am Kleid oder eine Steilfalte auf der Stirn, um eine Geschichte kurz zu erzählen, die niemand missversteht. Doch diese kleinen Gesten sind Begleitung für ihre erstaunlich kräftige, schöne Stimme. Alen Hodzovic ist ihr als Solist oder im Duett ein ebenbürtiger Partner. Besonders in hohen Lagen trifft er bei vollem Fortissimo einen hellen Musicalsound. Auch er ist ein sehr lebendiger Sänger, dessen Songs und leichte Tanzbewegungen oder das beiläufige Streicheln der Partnerin zusammen gehören.

Kaum merklich und in der Begleitung angenehm zurückhaltend, hält der erfahrene und in Dessau gut eingeführte James Holmes die Fäden in der Hand. Ihm genügt das Klavier, um die sehr unterschiedlichen Rhythmen aus amerikanischen Volksliedern, der Vorstadtmusik der Großstädte, dem Jazz und karibischen Klängen zusammen zu fügen. Seinen ein wenig improvisiert wirkenden eingestreuten Textlesungen in englischer Sprache könnte aber eine professionellere Präsentation nicht schaden.

Nach gut zwei Stunden Programm ist die Stimmung im Saal bestens, und die Zuhörer nehmen die Ansage des letzten Songs einfach nicht wahr und bleiben, stehend applaudierend. Klar, dass da Zugaben fällig sind. Und die Besucher bleiben immer noch – bis der Techniker langsam die Bühnenbeleuchtung herunter fährt. Vom Lied zum Song – bestens gelungen.

Kunsthistorisch interessierte Besucher können während des Kurt-Weill-Festes noch mehr über die enge interdisziplinäre Arbeit des Bauhauses erfahren. Das erweitert den musikalischen Gang dieses Abends durch die jüngere Musikgeschichte. Die von Feininger komponierten Fugen, das Geigenspiel Paul Klees und  Kandinskys Interesse an der neuen Musik Schönbergs sind zusätzliche  Akzente auf dem Weg in die klassische Moderne, an dessen Beginn Kurt Weill maßgeblich mit gebaut hat.

Horst Dichanz

Fotos: Sebastian Gündel