Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

DER FREISCHÜTZ
(Carl Maria von Weber)
18. Juli 2014
(Premiere)

Oper Burg Gars


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Auf der Geisterburg

Beinahe 1000 Jahre alt ist die Burganlage von Gars am Fluss Kamp im niederösterreichischen Waldviertel. Denn die Wege zu den Anfängen gehen auf das 11. Jahrhundert zurück, in die Zeit des Investiturstreits. Damals hatten die Babenberger hier, wenn auch nur kurzfristig, ihr Hauptquartier. Die Wallburg war nicht nur Wehrburg, sondern diente auch als Residenz an wirtschaftlich bedeutender Position. Bis ins 17. Jahrhundert wurde die Burg erweitert.

Seit 25 Jahren dient die heute teilweise verfallene, pittoreske Anlage als Kulisse für Opernfestspiele, die sich seit heuer Oper Burg Gars nennen und mit Johannes Wildner einen neuen künstlerischen Leiter bekommen haben, der mit Carl Maria von Webers Der Freischütz seinen Einstand gibt.

„Pech und Schwefel“ steht in großen Lettern auf dem roten, hohen Wagen, mit dem der Eremit und Samiel bald nach Beginn hereingezogen werden. Sie sind Gaukler, die die schmutzigen, verlausten, durstigen und hungrigen Dorfbewohner in verdreckten, schäbigen Lumpen unterhalten und sie zynischerweise mit Wasser überschütten. Und wie Pech und Schwefel ist bei Georg Schütkys Inszenierung dieser urromantischen Oper auf der Burgruine von Gars das personifizierte Gute und Böse ständig, beinahe untrennbar zusammen. Der Regisseur legt bei seiner Personenführung großes Augenmerk auf die beiden und wertet die beiden Figuren immens auf.

Geschickt und reichlich nutzt er auch die Burg als Kulisse aus, lässt am Burgsims in den Öffnungen der Ruine, die nur mit wenigen Versatzstücken wie gelben Türen, Fenstern und Balkonen, die Ausstattung stammt von Christina Schmitt, ergänzt wurde und im Publikum spielen. Vieles wirkt jedoch recht banal, und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er so manches an der märchenhaften, romantischen Geschichte nicht ganz so ernst sieht, so dass ihm einige Szenen regelrecht in die Lächerlichkeit abgleiten: Etwa wenn in der Wolfsschluchtszene am Burgsims ein weißes Gespenst mit Leintuch herumhüpft, Samiel mit roten Drachenflossen und Megaphon ebendort herumquäkt, während Caspar am Boden zwischen zwei Feuerfässern auf einem dürftig bekleideten, zuckenden Frauenkörper die Freikugeln gießt. Oder wenn der Agathe ein Jungfernkranz unter Einflössung von Drogen unter einer Art Friseurshaube mit elektrischen Kabeln verpasst wird. Oder wenn sich Kilian an den Stiefeln vom Ännchen wie ein Perverser aufgeilt. Auch die Ouvertüre ist schon durchinszeniert. Da sieht man als Vorgeschichte die verfehlten Schüsse von Max.

Bei seinem Einstand als künstlerischer Leiter hat Johannes Wildner alle Hände voll zu tun: Denn der Chor der Burg Gars, der von Joachim Kuipers einstudiert wurde, beim Jägerchor durfte nach kurzer Einführung auch das Publikum mitsingen, ist leider in sich oft außer Tritt und auch mit der Klangvereinigung Wien nicht zusammen. Im Orchester selbst, das seitlich von der Spielfläche in einem Holzverbau sitzt, erlebt man auch viele Ungenauigkeiten, insbesondere hatten die Hornisten nicht ihre besten Tage, aber auch durchaus knisternde Spannung. Feinheiten sind auf Grund der akustischen Open-Air-Situation, es wird nicht verstärkt, nicht immer wahrzunehmen.

Sehr durchwachsen ist das Ensemble: Allen voran ist Claudia Goebl ein glockenreines Ännchen, Bettina Jensen eine innig phrasierende und berührende Agathe, besonders in ihrer Kavatine mit den herrlich spielenden Cellistinnen. Sie klingt jedoch im Forte sehr vibratoreich. Sie muss auch einmal atemlos treppauf, treppab im Publikum zwischen den Publikumsrängen herumlaufen. Yasushi Hirano ist ein profunder Eremit, der immer wieder auf seinem Wagen zu seltsamen Turnübungen verdonnert wird. Michael Bedjai verfügt als Max über alle Spitzentöne, klingt aber zwischendurch recht angestrengt. An sein Timbre in der Mittelage muss man sich gewöhnen. Selcuk Cara ist als Bösewicht Caspar ein lässiger Typ. Es fehlt ihm allerdings an Stimmkraft, Dämonie und Verständlichkeit, auch bei den Dialogen. Ebenso lässig wie der Schauspieler Zlatko Maltar, der auch ziemlich cool gestylt ist. Nur solide singen Andreas Scheibner als Ottokar, Andreas Jankowitsch als Cuno und Till von Orlowskyl als Kilian.

Starker Applaus auch für Jagdhornbläser, die zu Beginn und am Ende der Pause das Publikum auf ihre Plätze locken und auch gleich zweimal den Jägerchor intonieren.

Helmut Christian Mayer







Fotos: Lukas Beck