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Fakten zur Aufführung 

DON CARLO
(Giuseppe Verdi)
18. Juli 2015
(Premiere)

Oper Burg Gars


Points of Honor                      

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Der ewige Kampf um die Macht

Kühn wirkt die neue Holzkonstruktion: Sie hat die Form eines Kreuzes. Der längere Teil dieser Spielfläche bohrt sich dabei symbolträchtig in Form einer imposant abfallenden Treppe in die 1000-jährige Babenbergerburg von Gars: Die kirchliche Macht beherrscht die weltliche. Genau dieses auch heute immer noch topaktuelle Thema behandelt Verdis Don Carlo in der nur leicht gekürzten Opernproduktion – gezeigt wird die vieraktige, italienische Fassung von 1884 – der diesjährigen Festspiele auf der Ruine von Gars, wo seit 26 Jahren Opernfestspiele stattfinden.

Bei diesem Einheitsbühnenbild von Asim Dzino wird keine historische Architektur zitiert, sondern es ist ein zeitloser, halbrunder Horizont zu sehen, mit hinten und seitlich großen Toren, das praktikable und schnelle Verwandlungen auf offener Bühne erlaubt. Damit und mit verschiedenen Lichtstimmungen werden durchaus stimmige und dichte Bilder erzeugt.

Geschickt und reichlich nutzt Thilo Reinhardt auch die Burg als Kulisse aus, lässt am Burgsims in den Öffnungen der Ruine, die nur mit wenigen Versatzstücken ergänzt wurde, und vor dem Publikum spielen.

Aber auch sonst arbeitet der Regisseur mit vielen Symbolen, wenn etwa der Großinquisitor dem spanischen König beim Autodafé, der Ketzerverbrennung, die Krone aufsetzt. Oder wenn es bei der Konfrontation der beiden zu regelrechten Gewaltszenen kommt. Vieles, wie etwa der Schleiertanz, wird durchinszeniert. Reinhardts Inszenierung besticht auch mit einer zwar konventionellen, aber ausgefeilten Personenregie mit packender Dramatik und spannenden Momenten.

Mehr als zufrieden kann man mit dem Sängerensemble sein, das in prächtige, historische Renaissance-Kostüme von Luca Dall’Alpi ausstaffiert ist: Von phänomenaler Durchschlagskraft und Intensität ist der Mezzo der Nora Sourouzian als intrigierende Prinzessin Eboli. Oscar Marin singt den Titelhelden mit wunderbar schmelzigem Tenor, der nur bei den absoluten Spitzentönen eng wird. David Pershall ist von Statur und Stimme ein sehr junger, edeltimbrierter Posa. Paul Gay ist ein profunder und nobler König Philipp mit großer Bühnenpräsenz. Bernd Hofmann ist stimmgewaltiger Großinquisitor, mit der notwendigen, furchteinflößenden Dämonie ausgestattet. Alexandra Reinprecht ist eine schön phrasierende Elisabeth, die viele Fassetten der Partie mit Ausdrucksstärke und Innigkeit wiedergibt. Nur im Forte verfällt ihre Stimme in unschönes Vibrato. Krzysztof Borysiewicz ist ein kraftvoller Kaiser Karl V., dem die Partie aber etwas zu hoch liegt. Auch alle kleineren Rollen sind gut besetzt, so etwa Aurora Perry als Tebaldo und als Stimme des Himmels wie auch Max von Lütgendorff als Lerma und Herold. Stimmgewaltig und fast immer homogen singt der Chor der Oper Burg Gars in der Einstudierung von Roger Diaz.

Großen Anteil am Erfolg des Abends trägt auch die Klangvereinigung Wien – das Orchester der Oper Burg Gars unter einem sehr sängerfreundlichen, selbst dirigierenden Intendanten der Festspiele Johannes Wildner. Sehr nuancenreich und differenziert, was auf intensive Probenarbeit zurückzuführen ist, erklingt der Klangkörper in erstaunlich hoher Qualität. Die subtile und farbige Orchestersprache, aber auch der spannungsvolle Klang kommen voll zur Geltung, einzig etwas mehr Feuer hätte man sich fallweise gewünscht. Intonationsmängel im jung besetzten Orchester und Missverständnisse mit der Bühne sind auf die Distanz zurückzuführen. Als Bühnenmusik ist mehr als solide die Bürgermusikkapelle Gars zu hören.

Das Publikum ist jedenfalls begeistert und spendet allen Beteiligten frenetischen Applaus.

Helmut Christian Mayer







Fotos: Andreas J. Hirsch