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Fakten zur Aufführung 

LA STRANIERA
(Vincenzo Bellini)
6. Juni 2015
(Premiere)

Staatsoper Berlin, Schiller-Theater


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Krude Geschichte mit schöner Musik

Im letzten November gastierte Edita Gruberova als Elisabeth I. in Donizettis Roberto Devereux an der Deutschen Oper. Sie war in bestechender Form und das Belcanto-Glück nahezu perfekt. Nun, ein halbes Jahr später, stellt die Starsopranistin die Alaide in Vincenzo Bellinis früher Oper La Straniera in Berlin vor, abermals konzertant, nur diesmal an der Staatsoper. Es ist ihre neueste Partie, die sie seit 2012 im Repertoire hat. Wieder steht eine Regentin im Zentrum der Handlung, wieder ist die Partie ein vokales Schwergewicht. Doch ganz so souverän wie im Roberto Devereux bewältigt die Koloraturdiva die gesanglichen Schwierigkeiten diesmal nicht. Die eifersüchtige Königin Donizettis passt offenkundig besser zu Gruberovas reifer gewordenem Sopran als die edelmütige Alaide.

Die titelgebende Fremde ist die Mätresse des französischen Königs Philipp II, die inkognito in einem bretonischen Dorf lebt. Hier verliebt sich der Herzog Artur in die Unbekannte und gefährdet damit seine bevorstehende Heirat mit der Fürstentochter Isoletta. Eine Reihe unwahrscheinlichster Verschwörungen, Verkennungen und Missverständnisse gipfelt im dramatischen Finale: Die rechtmäßige Gattin Philipps stirbt, und Alaide muss den Thron besteigen. Dadurch ist sie für Artur verloren, der darüber Selbstmord begeht. Ein melancholischer Grundton und eine Fülle elegischer Melodien sind das Merkmal von Bellinis musikalischer Tragödie. Die Auftrittsromanze der Alaide, aus dem Off gesungen, beschwört solch romantische Stimmung. Jedoch braucht Edita Gruberova einige Zeit, um sich warm zu singen. Es sind viele Intonationstrübungen, unpräzise Triller und nur mit Mühe ertrotzte Passagen zu hören. Dann aber überraschen wundervolle, im zartesten Piano gesungene Phrasen, Schwelltöne, für die sie zu Recht berühmt ist, und fulminante Höhen. Sie gehen einher mit einem majestätischen Auftreten und einer vokalen Charakterisierungskunst sondergleichen, die den auch heute noch bestehenden Ausnahmerang der Künstlerin bezeugen. An ihrer Seite klagt Sonia Ganassi als Isoletta mit geschmeidigem, sanftem Mezzosopran um ihre verlorene Liebe, während José Bros seiner Leidenschaft mit kräftig-forschem Tenor ohne jegliche Zwischentöne Ausdruck verleiht. Hausbariton Alfredo Daza steht den Gästen in nichts nach und trumpft mit prägnantem Gesang und markantem Auftreten auf.

Der Dirigent Peter Valentovic widmet sich Bellinis Partitur sehr differenziert und einfühlsam. Die Staatskapelle folgt ihm dabei genauso aufmerksam wie der von Frank Flade bestens einstudierte Chor. 

Stehende Ovationen in der bei weitem nicht ausverkauften Staatsoper. Im Mai kommenden Jahres wechselt Edita Gruberova wieder an die Deutsche Oper. Dort wird sie voraussichtlich in zwei konzertanten Aufführungen als Bellinis Norma auftreten.

Karin Coper

Fotos: Thomas Bartilla