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Fakten zur Aufführung 

ROBERTO DEVEREUX
(Gaetano Donizetti)
5. November 2014
(Premiere)

Deutsche Oper Berlin


Points of Honor                      

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Verschwörungen am englischen Hof

Die Baumaßnahmen in der Deutschen Oper Berlin sind fast abgeschlossen, der Spielbetrieb wird Ende des Monats termingerecht – ein Wunder in der Hauptstadt – wieder aufgenommen. Zum Abschluss der Auswärtssaison gibt es zwei Highlights: ein Gastspiel aus Glyndebourne mit Brittens Rape of Lucretia im Haus der Festspiele und feinste Belcanto-Kost in der Philharmonie bei zwei konzertanten Aufführungen von Gaetano Donizettis Roberto Devereux.

Die 1837 uraufgeführte musikalische Tragödie ist eine von sechs Opern, die historische Ereignisse am englischen Königshaus zum Thema haben. Drei von ihnen – Il Castello di Kenilworth , Maria Stuarda und Roberto Devereux – behandeln wahre Episoden im Leben von Elisabeth I. in sehr freier Weise. In Roberto Devereux lässt die Königin ihren Liebhaber wegen politischen Hochverrats hinrichten, nachdem sie von seiner Untreue erfahren hat. Als sie ihren Beschluss bereut, ist es zu spät. Verzweifelt dankt sie ab. Die Partie der Elisabeth ist gespickt mit stimmlichen Schwierigkeiten aller Art und seit Jahren eine Glanzrolle von Edita Gruberová, die sie zum ersten Mal in Berlin singt. Die große slowakische Primadonna, die, gekleidet in eine wahrhaft königliche Robe, schon optisch in jedem Zoll eine Queen repräsentiert, meistert sie mit einer staunenswerten Souveränität. Freilich passt die Königin, die Donizetti als eine zwischen Pflicht und Gefühlen zerrissene, reife Frau angelegt hat, aber auch vorzüglich zu ihrer Stimme, die naturgemäß nicht mehr taufrisch ist. Doch Gruberová schont sich in keinem Moment. Sie feuert ihre Spitzentöne pfeilgenau ab, brilliert mit Koloraturen und setzt immer wieder ihre berühmten Schwelltöne ein. Dazu charakterisiert sie den emotionalen Ausnahmezustand der Herrscherin mit einer Fülle von Ausdrucksschattierungen, die auch sängerische Freiheiten, gesprochene und hässliche Töne miteinbeziehen. Eine elektrisierende Leistung, die von einer fulminanten Schlussszene gekrönt wird. Veronica Simeoni bietet als Sara mit schön geführtem, ebenmäßigem Mezzosopran das vokale Gegengewicht. Dass sie auch über dramatische Energie verfügt, wird im spannenden Duett mit ihrem Mann, dem Herzog von Nottingham, deutlich. Den verkörpert Davide Luciano. Er ist mit virilem Prachtbariton, unangefochten strömender Stimmgewalt und dominantem Auftreten die Entdeckung des Abends. Devereux selbst ist mit dem Tenor Celso Albelo adäquat besetzt. Er nimmt durch ein ansprechendes Timbre, geschmackvolle Phrasierung und glänzende Spitzennoten für sich ein, verfügt nur nicht über die Ausstrahlung eines charismatischen Frauen- und Kriegshelden.

Als Glücksfall erweist sich der Dirigent Pietro Rizzo. Er ist nicht nur ein umsichtiger Sängerbegleiter, sondern macht durch kontrastreiche Dynamik, pulsierende Rhythmik und leidenschaftliche Melodienbildung deutlich, wie interessant Donizettis häufig unterschätzter Orchesterpart klingen kann. Die Instrumentalisten der Deutschen Oper spielen in bester Form, während der von William Spaulding vorbereitete Chor selbst in den überschaubaren Anforderungen dieser Oper durch seine Differenzierungskunst und Tonschönheit auffällt.

Ovationen in der nicht ausverkauften Philharmonie. Im kommenden Juni wird Edita Gruberová wieder in Berlin sein, dann in zwei konzertanten Aufführungen von Bellinis La Straniera an der Staatsoper.

Karin Coper

Fotos: Bettina Stöß