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Fakten zur Aufführung 

MACBETH
(Giuseppe Verdi)
22. Februar 2015
(Premiere der Wiederaufnahme
am 7. Februar 2015)

Staatsoper Berlin


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Vierundsiebzig und kein bisschen leise

Es war 2009 an der Berliner Staatsoper unter den Linden, als Giuseppe Verdis Simon Boccanegra eine vielbeachtete Premiere erlebte. Unter der musikalischen Leitung von Daniel Barenboim sang Plácido Domingo die Titelpartie und wechselte offiziell ins Baritonfach. Fortan eignete er sich nach und nach weitere große Verdipartien an: vokale Schwergewichte wie Rigoletto, Nabucco, Giorgio Germont, Jacobo Foscari, Giacomo in Giovanna d’Arco und 2013 den Grafen Luna im Berliner Trovatore. Nun, noch zwei Jahre später und im stolzen Alter von 74 – kleine Anmerkung: der 73-jährige Kollege Leo Nucci mischt noch ebenso erfolgreich im Operngeschehen mit – steht Domingo hier erneut auf der Bühne und gibt den Macbeth, den Angaben seiner Website nach ist es die 144. Rolle.

Eine Premiere bekommt er diesmal indes nicht spendiert. Für das Debüt wird die 15 Jahre alte Inszenierung von Peter Mussbach aus dem Fundus hervorgeholt und aufgefrischt – sie überzeugt freilich mit ihren Anleihen an Stumm- und Horrorfilme und den ungelenken Choreografien für den gesichtslos maskierten Chor genauso wenig wie 2000. Doch es geht ja in der Hauptsache um das musikalische Ereignis, und das findet tatsächlich statt. Das liegt zu allererst an der Lady von Liudmyla Monastyrska. Die Ukrainerin verfügt über einen imposanten Sopran, der allein schon durch seine Kraft und die Gewalt der Spitzentöne, die mühelos die Ensembles überstrahlen, überrumpelt. Doch damit nicht genug. Mit vielen Zwischentönen, flexiblen Koloraturen und einer fantasiereichen vokalen Gestaltung, die in einer ganz verhaltenen und dadurch umso bedrückenderen Nachtwandelszene mündet, gelingt Monastyrska ein facettenreiches Porträt der herrschsüchtigen Lady. Neben ihr verkörpert Domingo eindrucksvoll einen Macbeth voller Zweifel, der gegenüber seiner dominanten Gattin willenlos ist. Und stimmlich ist er in sehr guter Form, auch wenn die sängerische Kraft naturgemäß nicht einen ganzen Abend lang reicht, wie der Einbruch in der Abschiedsarie zeigt. Doch da sind der nach wie vor schöne bronzene Klang, dessen Fülle gleich beim ersten Auftritt aufhorchen lässt, die vokale Energie und das bühnenbeherrschende Charisma. Neben diesem übergroßen Königspaar behaupten sich René Pape, der Banquos Auftritte mit seinem edlen Bass adelt, und Gaston Rivero, der der einzigen Tenorarie der Oper Strahl und Glanz verleiht.

Daniel Barenboim spitzt Verdis Frühwerk dramatisch zu, fordert unerbittliche Rhythmik und wählt teils rasante Tempi. In der letzten großen Szene des Macbeth aber wird er plötzlich zum einfühlsamsten Begleiter, wenn sich nämlich die Streicher geradezu zärtlich dem Gesang Domingos anschmiegen. Keine Frage, dass Staatskapelle und Opernchor an solchem Abend auch ihr Bestes geben.

Lang anhaltender Beifall und viele Bravos. Die Vorstellung ist ausverkauft wie auch die fünf weiteren. Doch kein Zuhörer braucht sich zu sorgen, dass es die letzten gewesen sein könnten. Denn Domingo denkt nicht daran aufzuhören und singt weiter, demnächst in Verdis Ernani an der New Yorker Met, mithin Rolle 145. Und wenn er nicht singt, dann dirigiert er: in Berlin ein Zarzuela-Konzert mit Rolando Villazón – während der Aufführungsserie von Macbeth.

Karin Coper

Fotos: Mara Eggert